Der Standard

Wahlfinish gerät zu Freudenfes­t für FPÖ

Wegen der rot-schwarzen Schlammsch­lacht gehen die Blauen aus dem Wahlkampf nahezu unbefleckt hervor. Während der ÖVP-Chef nun vor einem Rennen um den ersten Platz warnt, meinen Experten, dass ein Sieg der FPÖ doch recht unwahrsche­inlich sei.

- Nina Weißenstei­ner

Wien – Nicht einmal einen Drecksprit­zer haben die Blauen bisher in der rot-schwarzen Schlammsch­lacht anlässlich der Causa Silberstei­n abbekommen. Deswegen reibt man sich bei der FPÖ schon die Hände: Jahrelang vor allem im Wahlkampff­inish von den Konkurrent­en ins Schmuddele­ck gestellt, wirken die Freiheitli­chen angesichts der täglichen Vorwürfe gegen SPÖ und ÖVP als bloße Zurufer fast schon wie eine gesittete Partei. „Wir sind selbst verwundert, dass uns Angriffe von Silberstei­n & Co erspart geblieben sind“, sagt ein FPÖ-Mann mit Hinweis auf den mittlerwei­le gefeuerten Ex-SPÖ-Berater und dessen nicht gerade zimperlich­en Methoden. Spöttische­r Nachsatz: „Dabei sind wir das gewohnt, haben uns darauf eingestell­t – und könnten auch besser damit umgehen.“

Eine Anspielung darauf, dass Kanzler und SPÖ-Chef Christian Kern, aber auch sein Herausford­erer, ÖVP-Chef Sebastian Kurz, derzeit alle Hände voll zu tun haben, um ständig neu auftauchen­de Verdachtsm­omente gegen ihre Berater zu entkräften. Am Wochenende rief der schwarze Umfragekai­ser Kurz sogar ein Rennen mit Heinz-Christian Strache aus: Nun sei die Frage, ob er oder der FPÖ-Chef „als Erster durch die Ziellinie“komme.

Doch ist das bisher schier Undenkbare tatsächlic­h möglich? Meinungsfo­rscher Peter Hajek schickt seiner Analyse kurz vor dem Wahltag voraus, dass man sich hier „im Bereich der Spekulatio­nen“bewege. Aber, so der Chef von Public Opinion Strategies: Aufgrund der bisherigen Datenlage und des signifikan­t großen Vorsprungs von Kurz’ ÖVP in den Umfragen sei „die Wahrschein­lichkeit nicht sehr hoch“, dass die FPÖ das noch „einholt“.

Wie ein Drehbuch von Kickl

Zwar schaden sich SPÖ und ÖVP mit ihren Schmutzküb­elaktionen vor allem selbst – und das käme in erster Linie der FPÖ zugute, doch die Zahl der Stimmberec­htigten, die die Causa Silberstei­n samt ihren Subaffären bei der Wahlentsch­eidung tatsächlic­h beeinfluss­t, bemisst der Experte bloß „im mittleren einstellig­en Prozentber­eich“. Hajek: „Die Massen bewegt das sicher nicht.“

Trotzdem attestiert er der FPÖ einen bisher recht gelungenen Wahlkampf mit besten Voraus- setzungen in der äußerst turbulente­n Endphase: „FPÖ-Generalsek­retär Herbert Kickl hätte das Drehbuch dafür nicht besser schreiben können.“Denn sämtliche blaue Botschafte­n würden durch das ständige rot-schwarze Hickhack unterstütz­t: dass die Menschen so etwas nicht mehr sehen wollen, dass eine Änderung hermuss und dass eine Wende nur mit einer starken FPÖ erfolgen könne.

Dazu käme das von Strache seit Jahresbegi­nn zur Schau gestellte „staatstrag­ende Benehmen“, das der FPÖ-Chef, einst eher marktschre­ierisch im Ton, bis dato wider Erwarten durchgehal­ten habe – „er hat aus der Vergangenh­eit sichtlich gelernt“, meint Hajek.

Als im Frühsommer die antisemiti­schen Anspielung­en des blauen FPÖ-Mandatars Johannes Hübner, von der Partei als Anwärter fürs Außenminis­terium gehandelt, im STANDARD publik wurden, habe man den Mann „relativ schnell verräumt“. Zur Erinnerung: Ende Juli erklärte Hübner, nicht mehr zu kandidiere­n.

Einziger Patzer

Als „einzigen Patzer“in der blauen Kampagne macht auch Politikexp­erte Thomas Hofer diese Affäre aus – weil Hübner „anfangs noch verteidigt“wurde. Nicht zuletzt deswegen hält Kurz Strache in den letzten Konfrontat­ionen die antisemiti­schen Vorfälle in der Partei entgegen, die der FPÖ-Chef aber anders als früher „ruhig“pariere. Dazu gelang der FPÖ laut Hofer bei ihrem Negative Campaignin­g ein humorvolle­r Zugang – etwa mit Videos zur Familie Huber, die in ihrem Haus – in Analogie zur Flüchtling­skrise – mit zig fremden Leuten aufwache. „Auf grausliche Sprüche über den Islam oder zur , Umvolkung‘ hat man verzichtet“, sagt der Experte.

Das neue Duell mit der ÖVP um den Wahlsieg sieht Hofer dennoch als bloße Botschaft an die eigenen Leute – damit die, weil von Kurz’ Triumph überzeugt, am Sonntag „nur ja nicht zu Hause bleiben“.

 ?? / ?? Wegen der Causa Silberstei­n samt ihren rot-schwarzen Subaffären wirkt die FPÖ wie eine gesittete Partei: Parteichef Heinz-Christian Strache gibt den Staatsmann, General Kickl verzichtet auf grausliche Reime.
/ Wegen der Causa Silberstei­n samt ihren rot-schwarzen Subaffären wirkt die FPÖ wie eine gesittete Partei: Parteichef Heinz-Christian Strache gibt den Staatsmann, General Kickl verzichtet auf grausliche Reime.

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