Wieso die SPÖ viel mehr zahlte, als sie schriftlich zusagte
Weiter offene Fragen in Causa Silberstein
– Die Rekonstruktion der Zahlungsflüsse an den israelischen Berater Tal Silberstein ist, wie berichtet, für die SPÖ nicht ganz einfach. Interimsbundesgeschäftsführer Christoph Matznetter legte vergangene Woche eine erste Zwischenbilanz vor, die zeigt: Für Leistungen ab Oktober 2016 wurden an Silbersteins Firma, die GCS International, 536.000 Euro überwiesen, rund ein Viertel davon will man nun zurückverlangen, weil die Vereinbarung vorzeitig gekündigt wurde.
Die von der SPÖ veröffentlichten Unterlagen werfen allerdings mehrere Fragen auf. Zunächst konnte, wie Matznetter einräumen musste, kein unterschriebener Vertrag mit Silberstein gefunden werden. Es liegt nur ein Angebot der GCS International vom 1. Jänner mit einem Auftragsvolumen von 180.000 Euro vor. Zusätzlich gibt es noch einen Annex, der von Ex-Geschäftsführer Georg Niedermühlbichler und Silberstein am 28. Februar unterschrieben wurde – damals wurden weitere 180.000 Euro vereinbart.
Schriftlich liegen also vereinbarte Zahlungen von 360.000 Euro vor. Warum tatsächlich 176.000 Euro mehr bezahlt wurden, erklärt die SPÖ so: 30.000 Euro zusätzlich habe Silberstein bekommen, weil man seinen Vertrag wegen des ausgebrochenen Wahlkampfes um einen Monat verlängert habe. 40.000 Euro zahlte die Partei für Silberstein-Leistungen für die niederösterreichische SPÖ. Schriftliche Unterlagen dazu legte die SPÖ aber nicht vor.
Bleiben noch immer 106.000 Euro, die über die Zusagen hinausgehen. Eine SPÖ-Aufstellung bietet folgende Erklärung: 17.500 Euro haben Übersetzungen gekostet, 88.500 Euro die „Datenanalytik“. Die dazugehörigen Rechnungen Silbersteins, datiert mit 10. Juli, sind aber allgemeiner gehalten. Dort ist nur die Rede von „Strategie/Forschung“. Eine weitere zusätzliche Honorarnote ist mit 7. April datiert, auch dort ist nur allgemein von „strategischer Beratung und Forschung“sowie „zusätzlicher Arbeit“die Rede.
Warum hat die SPÖ also diese Mehrkosten von über 100.000 Euro anstandslos bezahlt? Matznetter erklärt das mit mündlichen Zusatzvereinbarungen. Er habe keine Zweifel, dass die Leistungen auch tatsächlich erbracht wurden. Mehrere Silberstein-Mitarbeiter hätten in der Parteizentrale gearbeitet, es gebe tausende Seiten an Datenanalysen.
Allerdings ist schon im ersten Angebot von Silberstein neben einer Reihe anderer Leistungen die Rede davon, dass man „qualitative und quantitative Meinungsforschung und Analyse“anbiete. Auch beim Punkt „Fokusgruppen“wird explizit darauf hingewiesen, dass man eine „detaillierte quantitative Übersicht“liefern werde sowie eine Rund-um-dieUhr-Beratung („24/7 advisory“). Im Zusatzvertrag vom Februar mit Silberstein steht wiederum klar, damit seien „alle unsere zusätzlichen Kosten und Ausgaben“abgedeckt.
der STANDARD fragte auch dazu bei Matznetter nach. „Wenn Sie mich fragen, ob hier überhöhte Zahlungen geleistet wurden, kann ich nur sagen: Ich kann das nicht beurteilen. Es schaut aus unserer Sicht aber alles normal aus“, verweist er nochmals auf die umfassenden Arbeiten des Silberstein-Teams.
Ob es nicht sein könne, dass mit diesen Zusatzrechnungen jene Kosten abgedeckt wurden, die Silberstein für das Dirty Campaigning auf Facebook hatte? Schließlich hat der Silberstein-Mitarbeiter Peter Puller zuletzt angegeben, die Kosten für die Sudelseiten seien bei „plus/minus 100.000 Euro“gelegen. Matznetter dazu: Er glaube das nicht, aber: „Ich hätte es auch lieber gehabt, wenn es schriftliche Verträge gegeben hätte.“