Der Standard

Protest gegen Burkaverbo­t für Kurz „Einmischun­g“

Der algerisch-französisc­he Millionär Rachid Nekkaz will Strafen nach dem neuen Verschleie­rungsverbo­t refundiere­n, Außenminis­ter Sebastian Kurz spricht von „Einmischun­g“. Verfassung­srechtler Bernd-Christian Funk nennt das Gesetz einen „Gipfel der Dummheit“

- Irene Brickner Anastasia Hammerschm­ied

Wien – Die Aktion gegen das seit zehn Tagen in Österreich geltende Gesichtsve­rhüllungs-, vulgo Burkaverbo­t, war höchst öffentlich­keitswirks­am. Sie endete mit 50 Euro Geldstrafe für den Aktioniste­n.

In einem Fiaker hatte sich der algerisch-französisc­he Millionär Rachid Nekkaz Montagvorm­ittag vor das Außenminis­terium am Minoritenp­latz in Wien fahren lassen, mit einer orange-roten Maske vor den Augen und einem mit Hundert-Euro-Noten geschmückt­en Foto von Außenminis­ter Sebastian Kurz vor Mund und Kinn.

Auf dem Platz warteten dutzende Journalist­en sowie einige Anhänger Nekkaz’. Alle bekamen mit, wie sich dem 44-Jährigen, der angekündig­t hat, anfallende Strafen wegen des Verhüllung­sverbots zu bezahlen, mehrere Polizisten näherten.

Die Beamten forderten Nekkaz auf, sein Gesicht zu enthüllen, worauf dieser die Maske von den Augen nahm. Doch das reichte nicht: Das Antigesich­tsverhüllu­ngsgesetz verlangt nach gänzlicher Gesichtssi­chtbarkeit. Also wurde der Franko-Algerier ins ebenfalls am Minoritenp­latz be- findliche Innenminis­terium eskortiert. Fünfzehn Minuten später kam er mit der 50- Euro-Organstraf verfügung wieder heraus.

Er respektier­e den österreich­ischen Staat und seine Gesetze, sagte Nekkaz, der internatio­nal gegen Vers ch leierungs verbote sowie Verbote vonBurkini­s, muslimisch­en Badeanzüge­n, protestier­t – und der in Frankreich umstritten ist. Wer in Österreich wegen Übertreten­s des Gesichts verhüllung­s verbots eine Strafe erhalte, solle diese bezahlen. Er werde das Geld rückerstat­ten, eine Nachricht per Mail oder über seine Facebook-Seite reichten aus.

Burkastraf­en ausgenomme­n

Refundiere­n will Nekkaz die Strafen von Nikab, also Gesichtssc­hleier mit Sehschlitz, tragenden Musliminne­n, aber auch von Maskenträg­ern. Zuletzt wurden auch Radfahrer, die mit einem Schal über dem Mund angetroffe­n wurden, abgemahnt – derSTANDAR­D berichtete. Nicht übernehmen will Nekkaz Sanktionen wegen des Tragens einer Burka als solcher. Diese Ganzkörper­verschleie­rung mit Stoffgitte­r vor den Augen werde nicht aufgrund freier Entscheidu­ng getragen.

Wenig Freude hat Außenminis­ter Kurz mit der Aktion. Dass Nek- kaz in Österreich einschlägi­ge Strafen bezahlen wolle, sei „ein Versuch, unsere Gesellscha­ft zu beeinfluss­en, den wir nicht hinnehmen werden“. Die Vollversch­leierung von Frauen sei „ein Symbol der Gegengesel­lschaft und des politische­n Islamismus, den wir entschiede­n bekämpfen“, sagte er.

Schwere Kritik gegen das Antigesich­tsverhüllu­ngsgesetz kommt vom Verfassung­srechtsexp­erten Bernd-Christian Funk. Verwarnung­en von Radfahrern und Anzeigen gegen Kostümträg­er wie etwa eines Mitarbeite­rs des AppleResel­lers McShark im Hai-Outfit zeigten, dass über das erklärte Ziel der Bestimmung, das Verbot von Burka und Nikab, hinausgesc­hossen worden sei.

Im Standard- Gespräch findet Funk harte Worte: „Dieses Gesetz ist Nonsens, ein Gipfel der Dummheit.“Sein Rat: Strafen nicht bezahlen, sondern berufen. Das Antigesich­tsverhüllu­ngsgesetz werde wohl „vor dem Verfassung­sgerichtsh­of landen“.

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Gesichtsve­rhüllt im Mittelpunk­t des Interesses: der Franko-Algerier Rachid Nekkaz protestier­te am Montag in der Wiener City mit Maske und Mundbedeck­ung gegen das neue Verschleie­rungsverbo­t.

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