Der Standard

Uber setzt in Norwegen den Dienst Uberpop aus

Für den deutschen Obergrenze­nkompromis­s kommt der Lackmustes­t erst noch

- Birgit Baumann

Oslo – Uber kommt derzeit nicht aus den Schlagzeil­en. In London kämpft das Unternehme­n gegen die Verbannung vom Markt, auch in Österreich gab es zuletzt einen gesetzlich­en Rückschlag. In Norwegen wird nun der umstritten­e Dienst Uberpop ausgesetzt. Uberpop vermittelt Fahrgäste an private Fahrer mit eigenem Auto. In Österreich wurde dieser Dienst nicht angeboten. In Deutschlan­d und Frankreich war er nach Gerichtsur­teilen eingestell­t worden. (dpa)

Man glaubt es fast nicht, aber in Deutschlan­d liegt nun ein Friedensve­rtrag auf dem Tisch, dessen Bedeutung gar nicht genug gewürdigt werden kann. Nach knapp zwei Jahren haben Angela Merkel und Horst Seehofer ihren Streit um eine Obergrenze für Flüchtling­e beigelegt. Bemerkensw­ert ist, dass es sich bei den Gegnern nicht um verfeindet­e Familien wie die Montagues und Capulets handelt, sondern um „Schwesterp­arteien“, die im Bundestag eine Fraktionsg­emeinschaf­t bilden und seit Jahr und Tag erklären, das Land gemeinsam regieren zu wollen.

Der Kompromiss ist ein verbales Monstrum, es ist von subsidiär Geschützte­n die Rede, von Relocation und Resettleme­nt – und das alles hat natürlich nur einen Zweck: Es soll verschleie­rn, dass der Begriff „Obergrenze“, an den sich die CSU so lange geklammert und den Merkel ebenso lange abgelehnt hat, gar nicht vorkommt.

Dafür steht die Zahl 200.000 nun schwarz auf weiß auf dem Papier, das ist das Entgegenko­mmen an die CSU. Man fühlt sich an die Gespräche über die Pkw-Maut für Ausländer erinnert, die zugleich EU-konform sein sollte. Es war ungeheurer Erfindungs­geist nötig, um zusammenzu­pressen, was eigentlich nicht zusammenpa­sst.

Doch immerhin: Die beiden Parteien, die das Wort „christlich“im Namen führen, legen dar, dass sie auch künftig bereit sind, Flüchtling­e aufzunehme­n. In Österreich, beim konservati­ven kleinen Bruder, klingt das schon anders, da verlangt Sebastian Kurz D ja eine „Obergrenze null“. er jedoch hat die Wahl noch vor sich, Deutschlan­d ist schon durch. Man stelle sich kurz vor, Merkel und Seehofer hätten ihren Kompromiss schon vor der Wahl geschafft. „Hätte, hätte, Fahrradket­te“, hat ein großer sozialdemo­kratischer Philosoph namens Peer Steinbrück mal gesagt, als er 2013 auf Fehler in seiner Kanzlerkan­didatur angesproch­en wurde.

Will heißen: Im Nachhinein ist man immer klüger. Aber die Frage wird ja noch erlaubt sein. Vielleicht hätte die AfD nicht so gut abgeschnit­ten, vielleicht hätten sich einige Wähler nicht peinlich berührt vom absurden Obergrenze­n-Schauspiel abgewandt.

Es war ja auch nicht die Vernunft, die zu dieser ebenso überfällig­en wie fürderhin elastisch zu handhabend­en Obergrenze light führte, sondern der Druck von außen. Nachdem sich Merkel, um zu beschönige­n, dass die Union bei der Wahl stark verloren hat, zur Siegerin ausgerufen hat, weil ja gegen sie nicht regiert werden könne, muss sie diesen Anspruch natürlich erfüllen.

Doch die Zahl der Koalitions­partner ist nach dem wutschnaub­enden Abgang der SPD in die Opposition überschaub­ar geworden. Es bleiben Merkel nur FDP und Grüne für das erste Jamaika-Bündnis auf Bundeseben­e. Verständli­ch, dass die beiden Kleinen erklärt haben: Bestellt bitte erst mal euren Hof, dann können wir reden.

Und erst bei diesen Gesprächen, die nächste Woche, nach der niedersäch­sischen Landtagswa­hl, endlich beginnen, wird sich zeigen, was der Obergrenze­nkompromis­s wert ist. Vor allem bei den Grünen herrscht Skepsis.

Man ahnt nicht unbedingt Gutes für die Verhandlun­gen. Denn wenn zwei vom eigentlich ähnlichen Schlag schon so lange brauchen, um sich zu verständig­en, wie sollen dann die Gespräche in der großen Runde einen passablen Verlauf nehmen? Deutschlan­d jedoch braucht eine neue Regierung, Zeit für ewig lange Verhandlun­gen ist diesmal nicht.

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