Begeistert und fluchend durch die Zeichentrickhölle
„Cuphead“ist das schönste schwere Game des Jahres
Wien – Auf dieses Spiel hat man jahrelang gewartet: Seit 2010 war es in Entwicklung, jetzt ist Cuphead, ein Highscore-Shooter im Stile der 1930er-Jahre-Zeichentrickfilme, endlich erschienen.
Dass das Spiel ein Produkt großer Liebe ist, sieht man ihm in jeder Sekunde an. Es ist bis ins kleinste Detail ein Kunstwerk, das seinen historischen Vorbildern in fast jeder Hinsicht ebenbürtig und zusätzlich interaktiv ist. Als Brüderpaar Cuphead und Mughead müssen Spieler im Auftrag des Teufels gegen diverse Monster antreten und deren Seelen einsammeln – sonst sind ihre eigenen Seelen futsch.
Das Figurendesign ist originell und vom kleinsten bis zum größten Gegner mit so viel Witz und Liebe gestaltet und animiert, dass man oft am liebsten nur staunend zusehen würde. Und das betrifft nicht nur die Spielszenen: Die Sanduhr, die sich während der Ladezeiten dreht, ist sichtlich mit ebenso viel Humor animiert wie Figuren in den Shops oder in den Zwischensequenzen. Die Arbeit, die im Zeichnen und Animieren einer derartigen Masse an Figuren steckt, ist atemberaubend. Auch die Musik – essenzielles Element – ist mit beschwingtem Big-BandSound, Swing und Dixieland-Jazz wunderbar passend zum Geschehen auf dem Bildschirm gewählt.
Umso trauriger, nein, fast tragischer, dass nur die wenigsten Spieler Cuphead in seiner Gänze gebührend werden würdigen kön- nen, denn nicht nur optisch, auch in Sachen Härte orientiert man sich an der ganz alten Schule. Schon die ersten, einfachsten Levels werden wohl nur die wenigsten auf Anhieb bewältigen, und für die allermeisten durchschnittlich Begabten wird irgendwo, bei einem der vielen, zum Niederknien originellen Oberbosse, definitiv Schluss sein, lange bevor der Abspann läuft. Zwar lassen sich die Bosskämpfe auch in einem „Simple“-Modus starten, allerdings werden in dem nur Teile der überaus fantasievollen Kampfphasen gezeigt – und wer das Spiel beenden will, muss sie auf dem normalen Schwierigkeitsgrad bezwingen.
Das heißt nicht, dass Cuphead unfair wäre: Geduldiges Üben ist hier der Schlüssel zum Erfolg. Die Zielgruppe der Hardcore-Gamer wird das wenig stören, schließlich gehört das Bezwingen auch außergewöhnlicher Herausforderungen zum besonderen Reiz, den das Medium auf dieses Publikum ausübt.
Zu hart für jedermann
Angesichts der ästhetischen Reize, die Cuphead zu bieten hat, schleicht sich dennoch zweifache Betrübnis ein: Zum einen darüber, dass man ob der spielerischen Herausforderung kaum Zeit hat, die Schönheit und den Witz seiner Figuren richtig zu würdigen, zum anderen darüber, dass sich dadurch sein Massenappeal in Grenzen halten wird. So gern man es viel mehr Menschen empfehlen würde, als dann damit tatsächlich Spaß haben würden.