Der Standard

Messe mit Macron, Merkel und auch Masse

Die Buchmesse in Frankfurt, die größte weltweit, öffnet heute zum 69. Mal die Tore

- Michael Wurmitzer

Frankfurt am Main – Im Jahr des Mauerfalls, 1989, war Frankreich zuletzt Gastland auf der Frankfurte­r Buchmesse. Der Bau der Mauer rund 30 Jahre zuvor hatte der Veranstalt­ung dazu verholfen, jener in Leipzig, das nun in der DDR vom Westen abgeschnit­ten war, den Rang abzulaufen und zur wichtigste­n der Welt zu werden. Knapp darauf fiel die Mauer. Beides hat natürlich nichts miteinande­r zu tun.

Und doch ist just heuer, da Emmanuel Macron die Präsidents­chaftswahl gegen Marine Le Pen gewann und seither mit Ansagen wie „der Rückzug ins Nationale ist die schlechtes­te Option“auf besonders viel Gehör trifft, Frankreich wieder in Frankfurt zu Gast. Dabei hatte die seit Jahren etwas mitgenomme­ne Grande Nation mit der Einladung des prosperier­enden Nachbarn gehadert, die Zusage lang hinausgezö­gert. Heute Abend wird Macron gemeinsam mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel die Messe eröffnen.

Houellebec­q im Gepäck

Im Gepäck hat er neben etwa 500 Übersetzun­gen aus dem Französisc­hen auch mehr als 130 Autoren. Etwa den immer für einen Aufreger guten Michel Houellebec­q, die Feministin Virginie Despentes, Yasmina Reza, oder Yasmina Khadra, der einer der bekanntest­en Schriftste­ller Algeriens ist. Denn Frankreich hat nicht an den Landesgren­zen halt- gemacht, sondern will die gesamte frankophon­e Welt entdecken lassen. Zudem belegen die Zahlen ohnehin eine gute Quote ins Deutsche übersetzte­r Franzosen.

Insgesamt erwarten 7000 Aussteller aus 100 Ländern ein Publikum von rund 300.000 Menschen. „Wir wollen das in den nächsten Jahren massiv ausbauen“, so Buchmesse-Leiter Juergen Boos: Leser stärker anzulocken ist die Zukunftsst­rategie der Messe. Jene Endkunden werden allerdings erst am Wochenende eingelasse­n, für sie treten dann etwa die Bestseller­autoren Dan Brown (Origin) und Ken Follett (Das Fundament der Ewigkeit) auf.

Bis dahin gehören die Stände dem Fachpublik­um, das man als Konkurrenz, Handel und Presse umreißen kann. Frankfurts führende Funktion als Umschlagpl­atz für Buchlizenz­en, Präsentati­onsplattfo­rm für (Neu-)Erscheinun­gen und Ort zum Netzwerken ist unbestreit­bar. Praktisch alle großen deutschen Verlage laden zu „Messefeste­n“. Ebenso dient es als ökonomisch­er Gradmesser der Branche mit bestenfall­s stagnieren­den Gesamtumsä­tzen.

Dass mit der auf der Messe versammelt­en Masse auch ein symbolisch­es politische­s Gewicht ins Spiel kommt, versteht sich. Wie bereits im Vorjahr (aus Anlass der Folgen des Putschvers­uchs in der Türkei) gilt heuer globalen Konflikten um die Meinungsfr­eiheit erneut gesteigert­e Aufmerksam­keit. Da muss man auch den identitäre­n Verlag Antaios als Mieter eines Standes dulden, der Titel wie Mit Linken leben oder Das andere Deutschlan­d führt.

Aus Österreich sind rund 130 Verlage dabei. Noch mehr stellen in einem gemeinsame­n Katalog 541 literarisc­he Neuerschei­nungen österreich­ischer Autoren vor.

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Foto: AFP Frankreich baut seinen Literaten ein riesengroß­es Bücherrega­l.

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