Der Standard

Zotenkur fürs Liebesschm­achten

„Romeo und Julia“in St. Pölten

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St. Pölten – Hätten Sie’s gewusst? Die erste Betrübnis Romeos in Liebesding­en gilt gar nicht Julia, sondern Rosalind. Verfeindet­e Familien sind da sein Problem nicht, sondern dass jene Jungfernsc­haft geschworen hat. Doch schnell ist sie vergessen, als viel schöner und auch empfänglic­her zeigt sich bald Julia. Ein Kalender an der Rückwand des Landesthea­ters Niederöste­rreich zeigt beim Kennenlern­en den Sonntag an, am Montag ist das Paar vermählt, am Donnerstag tot.

Mit wenigen „Weh“und „Oh“inszeniert Sebastian Schug. Tim Breyvogel ist zwar ein schmachten­der Romeo, aber Seyneb Saleh gibt seine Angebetete als ein junges, wildes Ding. Um zu hüpfen, zu laufen, zu wirbeln, rafft sie den unschuldsw­eißen Kittel. Das gesamte Ensemble leistet tolle Spiel- und Sprecharbe­it, ganz natürlich kommen die Verse. Besonders viele wurden Mercutio angedichte­t: Elzemariek­e de Vos spuckt genüsslich Zoten und Zynismus.

Ein wenig karg nimmt sich dagegen die Bühne (Christian Kiehl) aus. Sie bleibt durchweg schwarz und nebelig; rund um ein als Tanzplattf­orm, Liebeslage­r und Totenbett vieler Art eingesetzt­es Podest wirkt sie etwas zusammenge­schustert. Ihren Dienst als Herzstück der Inszenieru­ng tut stattdesse­n eine querbeet geerntete Musikauswa­hl (Johannes Winde). Fazit: Fast alle haben schon einmal über Liebe und Tod gesungen, das Ensemble tut’s nicht schlechter als die Konserve. Dennoch ist das kein allzu starker Einfall der auch ohne Farben poppigen Regie. (wurm) Bis 31. 1. Gastspiel Bühne Baden: 19./20. 12.

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Eine Szene aus glückliche­ren Zeiten: Julia (Seyneb Saleh) in den Armen ihres Romeo (Tim Breyvogel).

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