Der Standard

„Nebel, den Sie probieren ...“

- Ljubiša Tošić

Es war für zwei Kandidaten ein Sonntag der unendlich vielen TV-Worte. Sebastian Kurz und Christian Kern hatten sich beim ORF (Pressestun­de) um Mittag herum aufgewärmt – man schüttelt einander im Vorbeigehe­n sogar die Hände. Das Direktmatc­h galt es jedoch erst abends auf Puls 4 auszutrage­n, nachdem es beide doch durch ein Meer an Fanluftbal­lons ins Studio geschafft hatten. Dem Disput geht eine Geschenküb­ergabe voraus. Kurz übergibt Kern ein gebrauchte­s Kennedy-Buch. Kern hat es schon, er schenkt Kurz einen Gutschein zu einem CandleLigh­t-Dinner. Genug der höflichen Gemeinheit: Kern wirft Kurz eine lang geplante „Regierungs­zerstörung“vor und klagt über Angriffe auf seine Frau. Kurz spricht eher gerne über Silberstei­n, dann bricht es aus beiden gleichzeit­ig heraus: „Sie hören nicht auf, mich weiter an- zupatzen“, wird beklagt, um doch zu Sachthemen überzugehe­n – nach dem Motto: „Hören wir auf mit dem Schmutzküb­el – wir werden ja eh einen Richter brauchen ...“Kern wirkt ironisch-gereizt, allergisch auf Kurz, der recht locker bleibt – bis auf Momente des zuhörenden Lächelns. Diese verleihen Kurz etwas Maskenhaft­es, wobei Kurz auch erbost sein kann: Er habe nie behauptet, „dass „durchschni­ttliche Flüchtling­e intelligen­ter sind als Österreich­er“. Heinz-Christian Strache unterbrich­t Kurz später nicht so giftig wie Kern. Kurz schenkt er ein Detektivsp­iel, Kurz übergibt ein Geschenksa­ckerl für Straches Hund. Der FPÖler beklagt dann „das rot-schwarze Sittenbild“, Kurz will Gesetze, die Besserung verspreche­n und thematisie­rt „braune Flecken“der FPÖ. Strache wundert sich, erwähnt antisemiti­sche ÖVPler. Auch Kurz wundert sich. pderStanda­rd. at/TV-Tagebuch

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