Abschied mit Wehmut, Anfang mit Namen
Marcel Koller nimmt nach dem 1:0 in Moldau „das Schöne“mit, Peter Schöttel hat viel zu tun
Wien/Chisinau – Peter Schöttel hatte gestern quasi seinen ersten Schultag als Sportdirektor des Österreichischen Fußballbundes. Auf ihn warten arbeitsintensive Tage, Schularbeiten, Hausaufgaben. Bis Freitag wird er eine zehn Namen umfassende Liste mit möglichen Teamchefs erstellen und der Taskforce vorlegen. Er schreibt nicht Pep Guardiola, Joachim Löw oder José Mourinho drauf, auch Marcel Koller wird sich nicht selbst ersetzen. Der ÖFB hat einen finanziellen Rahmen vorgegeben, und für den Humor sind eher die neun Landeschefs zuständig. Schöttel, der in nächster Zeit keine Interviews gibt, sagte dem Standard: „Natürlich werde ich bis Freitag im Idealfall mit jedem der zehn Kontakt aufnehmen. Sie müssen ja an dem Job interessiert sein.“
Die Taskforce, bestehend aus Präsident Leo Windtner, den Geschäftsführern Bernhard Neuhold und Thomas Hollerer sowie Aust- ria-Vorstand Markus Kraetschmer als Vertreter der Liga, wird die Vorschläge diskutieren, die Liste sanktionieren, vielleicht eingrenzen. Schöttel wird dann mit den Kandidaten verhandeln, sich derene Ideen anhören. In der nächsten Phase scheiden sieben aus, drei kommen in die engere Wahl. Schöttel wird dieses Trio reihen. Am 30. Oktober legt sich dann das 13-köpfige Präsidium, die neun Landeschef inklusive, auf den einen fest. Klingt bedrohlich, kann aber glimpflich ausgehen.
Stattliche Bilanz
Das Nationalteam ist Dienstagvormittag von Kollers letzter Dienstreise zurückgekehrt. Das 1:0 am Vorabend in der Republik Moldau war ein nostalgischer, wehmütiger Abschied, der Treffer von Louis Schaub bescherte ein finales Erfolgserlebnis. Dass ein Teamchef mit zwei Siegen (zuvor 3:2 gegen Serbien) scheiden muss, ist fast tragikomisch. Die Endbilanz des 56-Jährigen lautet: 54 Spiele, 25 Siege, 13 Remis, 16 Nie- derlagen. Es ist eine der besten in Österreichs Fußballhistorie.
Im Hotel wurde angestoßen, der Schweizer hat zu den Spielern und den Betreuern gesprochen. Es soll rührend und emotional gewesen sein, in sechs Jahren wächst man eben zusammen. Bei der Pressekonferenz nach der Partie sagte er: „Ich möchte das Schöne mitnehmen, habe versucht, Emotionen außen vor zu lassen.“Marko Arnautovic nannte die Situation „bitter. Er hat sich von uns als Abschiedsgeschenk sechs Punkte gewünscht, die hat er bekommen.“Über den neuen Teamchef mache er sich keine Gedanken: „Ich lasse mich überraschen. Ich weiß ja nicht, ob mich der Neue überhaupt einberuft.“Jedenfalls, so Arnautovic, habe Koller eine intakte Mannschaft hinterlassen.
Koller hatte sich von jedem Fan in Chisinau mit Handschlag verabschiedet, es waren ein paar Dutzend, sie skandierten seinen Namen, riefen „Windtner raus“. Kapitän Julian Baumgartlinger ging auf ein Interview des in Ziersdorf weltberühmten niederösterreichischen Landesverbandspräsidenten Johann Gartner ein, der in der Kronen Zeitung sagte, es habe in der Mannschaft Gruppenbildungen gegeben. Baumgartlinger: „Das geht fast in Richtung Verleumdung.“Auch Gartners Satz, man wolle durch die Trennung von Sportdirektor Willi Ruttensteiner „weg von der Wissenschaft, zurück zum Fußball“stieß dem Kapitän sauer auf. „Das spricht nicht wirklich für Kompetenz.“Gartner legte in der NÖN nach, sagte über Marc Janko und Co, die Kollers Abgang bedauerten und den Stil des ÖFB „beschämend“nannten: „Manchen fehlt’s da vielleicht an Intelligenz.“Windtner rotierte: „Es bringt nichts, so einen Dialog in der Öffentlichkeit zu führen, noch dazu, wo wir eine überdurchschnittlich intelligente Spielergeneration haben.“
Koller wird sich ein paar Tag in der Schweiz erholen, danach die Details der Vertragsauflösung klären. „Jetzt ist es vorbei, ich muss keine Ratschläge mehr geben.“