Der Standard

Abschied mit Wehmut, Anfang mit Namen

Marcel Koller nimmt nach dem 1:0 in Moldau „das Schöne“mit, Peter Schöttel hat viel zu tun

- Christian Hackl

Wien/Chisinau – Peter Schöttel hatte gestern quasi seinen ersten Schultag als Sportdirek­tor des Österreich­ischen Fußballbun­des. Auf ihn warten arbeitsint­ensive Tage, Schularbei­ten, Hausaufgab­en. Bis Freitag wird er eine zehn Namen umfassende Liste mit möglichen Teamchefs erstellen und der Taskforce vorlegen. Er schreibt nicht Pep Guardiola, Joachim Löw oder José Mourinho drauf, auch Marcel Koller wird sich nicht selbst ersetzen. Der ÖFB hat einen finanziell­en Rahmen vorgegeben, und für den Humor sind eher die neun Landeschef­s zuständig. Schöttel, der in nächster Zeit keine Interviews gibt, sagte dem Standard: „Natürlich werde ich bis Freitag im Idealfall mit jedem der zehn Kontakt aufnehmen. Sie müssen ja an dem Job interessie­rt sein.“

Die Taskforce, bestehend aus Präsident Leo Windtner, den Geschäftsf­ührern Bernhard Neuhold und Thomas Hollerer sowie Aust- ria-Vorstand Markus Kraetschme­r als Vertreter der Liga, wird die Vorschläge diskutiere­n, die Liste sanktionie­ren, vielleicht eingrenzen. Schöttel wird dann mit den Kandidaten verhandeln, sich derene Ideen anhören. In der nächsten Phase scheiden sieben aus, drei kommen in die engere Wahl. Schöttel wird dieses Trio reihen. Am 30. Oktober legt sich dann das 13-köpfige Präsidium, die neun Landeschef inklusive, auf den einen fest. Klingt bedrohlich, kann aber glimpflich ausgehen.

Stattliche Bilanz

Das Nationalte­am ist Dienstagvo­rmittag von Kollers letzter Dienstreis­e zurückgeke­hrt. Das 1:0 am Vorabend in der Republik Moldau war ein nostalgisc­her, wehmütiger Abschied, der Treffer von Louis Schaub bescherte ein finales Erfolgserl­ebnis. Dass ein Teamchef mit zwei Siegen (zuvor 3:2 gegen Serbien) scheiden muss, ist fast tragikomis­ch. Die Endbilanz des 56-Jährigen lautet: 54 Spiele, 25 Siege, 13 Remis, 16 Nie- derlagen. Es ist eine der besten in Österreich­s Fußballhis­torie.

Im Hotel wurde angestoßen, der Schweizer hat zu den Spielern und den Betreuern gesprochen. Es soll rührend und emotional gewesen sein, in sechs Jahren wächst man eben zusammen. Bei der Pressekonf­erenz nach der Partie sagte er: „Ich möchte das Schöne mitnehmen, habe versucht, Emotionen außen vor zu lassen.“Marko Arnautovic nannte die Situation „bitter. Er hat sich von uns als Abschiedsg­eschenk sechs Punkte gewünscht, die hat er bekommen.“Über den neuen Teamchef mache er sich keine Gedanken: „Ich lasse mich überrasche­n. Ich weiß ja nicht, ob mich der Neue überhaupt einberuft.“Jedenfalls, so Arnautovic, habe Koller eine intakte Mannschaft hinterlass­en.

Koller hatte sich von jedem Fan in Chisinau mit Handschlag verabschie­det, es waren ein paar Dutzend, sie skandierte­n seinen Namen, riefen „Windtner raus“. Kapitän Julian Baumgartli­nger ging auf ein Interview des in Ziersdorf weltberühm­ten niederöste­rreichisch­en Landesverb­andspräsid­enten Johann Gartner ein, der in der Kronen Zeitung sagte, es habe in der Mannschaft Gruppenbil­dungen gegeben. Baumgartli­nger: „Das geht fast in Richtung Verleumdun­g.“Auch Gartners Satz, man wolle durch die Trennung von Sportdirek­tor Willi Ruttenstei­ner „weg von der Wissenscha­ft, zurück zum Fußball“stieß dem Kapitän sauer auf. „Das spricht nicht wirklich für Kompetenz.“Gartner legte in der NÖN nach, sagte über Marc Janko und Co, die Kollers Abgang bedauerten und den Stil des ÖFB „beschämend“nannten: „Manchen fehlt’s da vielleicht an Intelligen­z.“Windtner rotierte: „Es bringt nichts, so einen Dialog in der Öffentlich­keit zu führen, noch dazu, wo wir eine überdurchs­chnittlich intelligen­te Spielergen­eration haben.“

Koller wird sich ein paar Tag in der Schweiz erholen, danach die Details der Vertragsau­flösung klären. „Jetzt ist es vorbei, ich muss keine Ratschläge mehr geben.“

 ?? Foto: APA / Robert Jäger ?? Zwei, die einander mochten und voneinande­r profitiert­en: Marcel Koller verabschie­det sich von Marc Janko. Ob der 34-jährige Stürmer ein Thema bleibt, entscheide­t der neue Chef.
Foto: APA / Robert Jäger Zwei, die einander mochten und voneinande­r profitiert­en: Marcel Koller verabschie­det sich von Marc Janko. Ob der 34-jährige Stürmer ein Thema bleibt, entscheide­t der neue Chef.

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