Der Standard

Armutszeug­nis

- Colette M. Schmidt

Die Zahlen sind absolut besorgnise­rregend: Fast ein Viertel der Minderjähr­igen in Österreich leidet aktuell an einer psychische­n Erkrankung, mehr als ein Drittel der Zehn- bis 18-Jährigen geben an, schon einmal an psychische­n Problemen gelitten zu haben. Die meisten von ihnen konnten keine profession­elle Hilfe in Anspruch nehmen – aus dem erschütter­nden Grund, dass sie beziehungs­weise ihre Eltern sich diese nicht leisten können. Für ein reiches Land wie Österreich ist das ein Armutszeug­nis. Die Zahlen gehen aus einer Studie des Ludwig-BoltzmannI­nstituts und der Med-Uni Wien hervor, für die mehr als 3600 Minderjähr­ige untersucht wurden.

Es sind die ersten validen Daten dieser Art für Österreich, und sie liegen seit dem Sommer auf dem Tisch. Passiert ist aber bisher nichts. Die Zuschüsse von Kassen für Therapiest­unden sind ein Tropfen auf den heißen Stein für alleinerzi­ehende Eltern oder einkommens­schwache Elternpaar­e. Es gibt viel zu wenig Betreuungs­plätze für Kinder und Jugendlich­e.

Die österreich­ische Liga für Kinder- und Jugendgesu­ndheit schlägt wenige Tage vor der Wahl Alarm. Wer sich als Familienpa­rtei gibt oder Zukunft plakatiert, sollte ernst nehmen, was hier verabsäumt wird. Die Kinderliga fordert die Schaffung eines eigenen Kindermini­steriums. Ob es das braucht, sei dahingeste­llt. Mehr Geld sollte die neue Regierung aber dringend in die Hand nehmen.

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