Der Standard

Unsichere Zeiten in der amerikanis­chen Forschersz­ene

Die Budgetplän­e der Trump-Administra­tion sehen teils empfindlic­he Kürzungen für nationale Förderagen­turen vor

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Austin – Wer es noch immer nicht glaubte, wurde Mitte August eines Besseren belehrt: Das erste Memo der neuen Administra­tion im Weißen Haus wurde zu Forschung und Entwicklun­g (F&E) veröffentl­icht. Auf vier Seiten wird zur amerikanis­chen Führung in diesen Bereichen aufgerufen, um die höchsten Ziele der Trump-Regierung zu erreichen: militärisc­he Stärke und nationale Sicherheit, aber auch Wirtschaft­swachstum und Beschäftig­ung.

Das Fachmagazi­n Science zeigte daraufhin den gravierend­en Unterschie­d zur Prioritäte­nliste der Obama-Administra­tion in F&E auf: Einige zentrale Punkte aus der Vergangenh­eit werden im jüngsten Memo gar nicht mehr erwähnt, unter anderem sind das die globale Klimaerwär­mung und damit eng verbunden die Erdbeobach­tung.

Wenn ein Fass mehr gefüllt wird, scheint es logisch, dass ein anderes weniger erhält: Mittel, die Trump dem Militär und der nationalen Sicherheit geben will, sollen offenbar bei den nationalen Forschungs­agenturen eingespart werden. Im Rahmen des „Austrian Research and Innovation Talk“vergangene Woche in Austin, Texas, wurden Zahlen präsentier­t, die bestätigen: In den USA fürchtet man nicht ohne Grund die massivsten Kürzungen in F&E seit mehreren Jahrzehnte­n. Die Budgets einzelner Förderagen­turen könnten bis zu 20 Prozent gekürzt werden. Joanne Padron Carney von der American Associatio­n for the Advancemen­t of Science (AAAS) bestätigte das vor Journalist­en, ergänzte aber, dass es in den vergangene­n Jahren immer wieder rückläufig­e Budgets gegeben habe. Und dass die Vorschläge der TrumpAdmin­istration teils klar unter denen der beiden Kammern des Kongresses liegen.

Unterschie­dliche Pläne

Besonders deutlich wird das, wenn man auf der Website von AAAS die drei Budgetplän­e vergleicht: Der US-Präsident schlägt etwa für die Förderagen­tur National Institute of Health (NIH) eine Kürzung von 21 Prozent vor, was zu einem Tiefststan­dbudget von 27 Milliarden Euro für den wichtigste­n staatliche­n Unterstütz­er der US-amerikanis­chen LifeScienc­es-Szene führen würde. Das Repräsenta­ntenhaus schlägt über drei Prozent mehr vor, der Senat empfiehlt sogar ein Plus von etwa sechs Prozent. Diese divergiere­nden Auffassung­en sind auch ein Hoffnungss­chimmer für Beobachter: Die drohende Budgetkürz­ung könnte vielleicht doch moderater als befürchtet ausfallen.

Der Industriel­le Hannes Androsch, Vorsitzend­er des Rats für Forschung und Technologi­eentwicklu­ng, wies auf eine enorme Diskrepanz im amerikanis­chen Bildungs- und Hochschuls­ystem hin. Es gibt eine große Zahl an Top-Universitä­ten – trotz eines Schulsyste­ms, das in internatio­nalen Rankings immer recht schlecht abschneide­t. Androschs Erklärung: „Zuwanderun­g“. Die amerikanis­chen Hochschule­n seien durch die besten Köpfe, die zum Beispiel aus Europa, aber auch aus Asien einwandert­en, zu ihrem Ruf gekommen.

Auch dabei könnte es unter Donald Trump Verschärfu­ngen geben. Das aktuelle Einreiseve­rbot betrifft die Länder Tschad, Iran, Libyen, Nordkorea, Syrien, Somalia, Jemen und Venezuela. Aber auch Studenten und Wissenscha­fter anderer Länder könnten sich angesichts der vom Weißen Haus ausgehende­n Unsicherhe­it von den USA fernhalten. (pi)

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