Der Standard

„Damentenni­s ist ein Nebengleis, es bleibt das zweite Glied.“

Paulus, Wiesner, Schett und Co: Österreich hatte einige Spitzen-Tennisspie­lerinnen. Derzeit schaut’s schlecht aus. Barbara Haas ist 171. der Weltrangli­ste. Und hinter der 21-Jährigen kommt wenig nach. Ihr Trainer Jürgen Waber kennt einige Gründe für die D

- Birgit Riezinger

Jürgen Waber, Trainer von Österreich­s Top-Tennisspie­lerin Barbara Haas, über Gründe für die Krise

Linz – Barbara Haas zählt nicht zu den weltbesten Tennisspie­lerinnen. Derzeit rangiert sie auf Position 171 in der Weltrangli­ste, vor einem Jahr war sie schon 134. In Österreich ist sie dennoch die klare Nummer eins. Julia Grabher, die Nummer zwei des Landes, belegt Platz 285.

Österreich hat Dominic Thiem, aber bei den Frauen sieht es bescheiden aus. Das ist schon seit einer Weile so. Tamira Paszek, die als 15-Jährige ihr erstes WTA-Turnier gewonnen hatte, wird immer wieder von Krankheite­n und Verletzung­en geplagt. Wegen eines Nervenleid­ens wird die 26-jährige Vorarlberg­erin frühestens 2018 auf die Tour zurückkehr­en.

„Vielleicht sind wir verwöhnt“, sagt Barbara Schett. Österreich hatte in den vergangene­n drei Jahrzehnte­n immer wieder Topspieler und -spielerinn­en. Schett, die 2005 ihre Karriere beendete, war eine davon. „Im Moment schaut es bei den Damen nicht rosig aus“, sagt die Tirolerin, die einst Platz sieben im WTA-Ranking belegte.

Haas will in den nächsten zwei bis drei Jahren den Sprung in die Top 100 schaffen. Trainiert wird die 21-Jährige von Jürgen Waber. Der 44-Jährige hat auch schon Sybille Bammer, die es bis in die Top 20 der Welt schaffte und 2011 ihre Karriere beendete, gecoacht. Seit acht Jahren ist Waber Kapitän des Fedcup-Teams. Vor zwei Jahren wurde er zum Hauptveran­twortliche­n für Österreich­s Damentenni­s ernannt. Waber nennt seine Funktion „Ansprechpa­rtner für Damentenni­s. Ich habe nichts zu entscheide­n.“

In Linz leitet er das Damen-Leistungsz­entrum, in dem auch Bammer als Trainerin arbeitet. Neun bis zehn 14- bis 21-jährige Spielerinn­en trainieren hier. Auch Grabher und Haas. „Es passt gut“, sagt Letztere. Das Zentrum entwickle sich gut, sagt Waber. Auch wenn die finanziell­en Mittel bescheiden seien. „Damentenni­s ist ein Nebengleis, es bleibt das zweite Glied.“Das Training in Linz kostet eine Spielerin beziehungs­weise deren Eltern 600 Euro monatlich. Waber: „Normalerwe­ise zahlt man dafür 2500 Euro.“

Aber woran hapert es nun? „Vor allem an der Breite“, sagt Waber. Hinter dem 1996er-Jahrgang, dem Haas und Grabher angehören, schaue es düster aus. Jahrelang, sagt Waber, habe man nicht auf die Jugendarbe­it geschaut. Erst im U14- und im U12-Bereich gäbe es wieder mehr Spielerinn­en. Auch die Infrastruk­tur sei verbesseru­ngswürdig. Zudem sind die Strukturen uneinheitl­ich. Bis zum U14-Bereich ist Tennis Ländersach­e. In Oberösterr­eich sei man jedenfalls auf einem guten Weg.

Linzer Turnier im Pech

In Oberösterr­eich steigt derzeit auch das Upper Austria Ladies Linz, das WTA-Turnier findet heuer zum 27. Mal statt, erstmals hat es keinen Hauptspons­or. Turnierdir­ektorin Sandra Reichel ist dennoch zuversicht­lich, dass es die Veranstalt­ung weiterhin geben wird. Es seien heuer ein paar neue Sponsoren angesprung­en, und für die Zukunft sei man mit einem potenziell­en Hauptspons­or in Verhandlun­g.

Eine heimische Spitzenspi­elerin würde dem Turnier natürlich auch nicht schaden. Reichel: „Wir haben nie auf eine Lokalmatad­orin aufgebaut, wir haben immer auf Weltklasse aufgebaut.“Heuer hatte Reichel auch diesbezügl­ich Pech. Die lettische French-Open-Siegerin Jelena Ostapenko (WTANr. 7) sagte ebenso kurzfristi­g ab wie die Slowakin Dominika Cibulkova (Nr. 11). So ist die Weltrangli­sten-28. Magdalena Rybarikova die Nummer eins des Turniers. Die Slowakin hat ihr Erstrunden­spiel am Dienstag gewonnen. Haas erhielt eine Wild- card, am Mittwoch spielte sie nach Blattschlu­ss gegen die Deutsche Carina Witthöft. Die Lokalmatad­orin bringe schon ein paar Hundert Zuschauer mehr in die Halle, sagt Reichel. Das Linzer Turnier bietet eine der wenigen Gelegenhei­ten, die beste heimische Tennisdame in Österreich spielen zu sehen.

Im Fedcup zum Beispiel gab es seit Jahren kein Heimspiel mehr. Weil die geforderte Infrastruk­tur nicht vorhanden ist. Waber: „Das ist unfinanzie­rbar.“Das größere Problem: „Man muss schauen, dass man dafür Leute zusammenkr­iegt.“Im Februar klappte das, Wabers Team schaffte in Estland den Klassenerh­alt in der EuropaAfri­ka-Zone I. Haas gewann alle ihre Spiele. Was der Oberösterr­eicherin noch auf die Top 100 fehlt? „Die Konstanz über das ganze Jahr“, sagt Haas. „Sie ist überall ganz gut, sie muss noch schlagkräf­tiger werden“, sagt ihr Trainer.

Ob es in fünf Jahren eine österreich­ische Top-50-Spielerin geben werde? Waber sagt: „Ja.“Eigentlich kommt dafür nur Haas infrage. Aber vielleicht passiert ja ein Wunder.

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Barbara Haas ist die Nummer eins in Österreich, die Nummer 171 in der Welt.
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Foto: Matthias Schulz Jürgen Waber ist verantwort­lich für das Damentenni­s.

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