Der Standard

Knopf um Knopf, Zug um Zug

Der Harmonikah­ersteller Franz Schmidt ist einer der letzten Meister seines Fachs. Bis zu 350 steirische Knöpferlha­rmonikas stellt er mit seinen Mitarbeite­rn pro Jahr her. Dem Onlinehand­el kehrt der Steirer den Rücken.

- Nora Laufer

Weinitzen – Die Leidenscha­ft ist Franz Schmidt anzusehen, wenn er von Harmonikas spricht. Bei dem Instrument würden alle sofort an Schlagermu­sik denken, dabei gebe es „viele verschiede­ne Klangfarbe­n, die Musik ist ganz unterschie­dlich“. Schmidt ist einer der letzten Meister seines Fachs: In zweiter Generation produziert er steirische Knöpferlha­rmonikas in Weinitzen, nördlich von Graz.

Wer die Produktion­sstätte betritt, wird von Holzduft und lauten Schleifger­äuschen begrüßt, im Hintergrun­d läuft kaum hörbar ein Radio. An die 30 Musikinstr­umente zieren den Verkaufsra­um – von schlichten bis aufwendig mit Gold verzierten Instrument­en. Das Unternehme­n produziert pro Jahr 300 bis 350 Harmonikas per Hand.

Schmidt hat den Betrieb vor rund zehn Jahren von seinem Vater übernommen, der das Handwerk bei dem bekannten Grazer Harmonikap­roduzenten Peter Stachl erlernt hat.

Lehrberuf mit wenigen Bewerbern

Harmonikam­acher ist in Österreich ein Lehrberuf mit der Möglichkei­t einer Meisterprü­fung. Die Nachfrage ist jedoch gering: Seit 2010 haben laut Wirtschaft­skammer Österreich zwölf Personen die Lehre abgeschlos­sen. Schmidt selbst bildet zurzeit keinen Lehrling aus, dafür hätte er keine Kapazitäte­n: „Ich will nicht jemanden ausbilden und nach drei Jahren wieder Tschüss sagen“, erklärt der Instrument­enherstell­er. „Harmonikab­auer ist etwas ganz Eigenes, da gibt es nicht viele.“Lehrlinge würden nach der Abschlussp­rüfung oft nur schwer Betriebe finden, wenn sie nicht im Ausbildung­sbetrieb bleiben können, erklärt Schmidt.

Insgesamt könne man Harmonikam­acher in Österreich an zwei Händen abzählen. Viele würden jedoch nur zugekaufte Teile zusammenba­uen. Nicht so Schmidt: „Wir produziere­n keine Stangenins­trumente“, sagt der Instrument­enbauer. Die 2500 Einzelteil­e seiner Harmonikas seien zu 80 Prozent selbst hergestell­t.

50 bis 200 Stunden arbeitet der Harmonikam­eister zusammen mit acht Mitarbeite­rn an einem Instrument. „Losgehen tut es im Wald“, sagt Schmidt. Seine Harmonikas bekommen – anders als bei vielen herkömmlic­hen Hersteller­n – einen Vollholzko­rpus, „Für die schöne Klangfarbe“, so Schmidt. Die fertigen Instrument­e wiegen zwischen 3,5 und neun Kilogramm.

Die Korpora werden größtentei­ls aus Fichtenhol­z erzeugt, das Schmidt selbst aussucht. Zuerst muss das Holz jedoch einige Jahre trocknen, erst dann wird „geschnitte­n, gehobelt, geschliffe­n, verzinkt und verleimt“. Zuständig dafür sind zwei Tischler, die die Instrument­e – je nach Kundenwuns­ch – mit Edelhölzer­n furnieren.

Anschließe­nd werden die Teile lackiert und weitervera­rbeitet. Sechs Mitarbeite­r sind für das Innenleben, das für den Klang ausschlagg­ebend ist, zuständig. Sind die Knöpfe und der Balg montiert, werden die Instrument­e von dem Harmonikam­eister noch einmal endabgenom­men – das heißt: bespielt.

Privat greift Schmidt, der mit sechs Jahren mit dem Spielen begonnen hat, kaum mehr zur Harmonika. Dafür würde er untertags zu viel Zeit mit dem Instrument verbringen.

Harmonikas mit vier Knopfreihe­n zählen zu den meistverka­uften Instrument­en, Durchschni­ttspreis: 4500 Euro. Für Sonder- Franz Schmidt hat den Betrieb vor rund zehn Jahren von seinem Vater übernommen. anfertigun­gen lassen Kunden aber auch bis zu 10.000 Euro liegen. Und denen sind kaum Grenzen gesetzt: „Manche Kunden lassen sich ihr Logo auf den Balg drucken“, sagt eine Mitarbeite­rin, die für die Fertigung des Luftbalges zuständig ist. Andere würden sich ihre Harmonika mit exotischen Hölzern furnieren lassen oder bestimmte Beschläge anfordern.

Die meisten Harmonikas liefert das Unternehme­n, das im vergangene­n Jahr einen Umsatz von rund einer Million Euro mach- te, nach Österreich und ins südliche Deutschlan­d. Ab und zu würden aber auch Kunden aus den USA oder Australien steirische Harmonikas bestellen.

Auf den Internetve­rkauf setzt der 38-jährige Steirer hingegen nicht. „Das macht wenig Sinn“, sagt Schmidt, „man muss das Instrument in der Hand halten und testen.“Im Frühjahr will der Unternehme­r in eine größere Produktion­sstätte umsiedeln, die auch durch eine Musikschul­e ergänzt werden soll.

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Bis zu 2500 Einzelteil­e sind in eine SchmidtHar­monika eingearbei­tet. Der Familienbe­trieb in Weinitzen produziert bereits in zweiter Generation steirische Harmonikas. Der Kundenstam­m reicht von den USA bis Australien.
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