Der Standard

Wählerpara­dies Österreich

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Am gestrigen Wahlsonnta­g hat es wieder einen guten Grund gegeben, Gott dafür dankbar zu sein, dass man als Österreich­er geboren wurde und nicht als Deutscher. In Deutschlan­d postuliert Paragraf 56 der Bundeswahl­ordnung unmissvers­tändlich, dass in der Wahlkabine „nicht fotografie­rt oder gefilmt werden darf“. Der frustriert­e Merkel-Hasser aus Niedersach­sen, der für die Nachwelt dokumentie­rt hat, dass er sein Kreuz bei der AfD, wo sonst, anbringt, hat also klar gegen das Gesetz verstoßen.

Wie anders im toleranten Österreich! Hier hat der Gesetzgebe­r die Selfie-Materie nicht geregelt, und weil die Wahlbehörd­en ein Auge zudrücken, stand und steht es dem Österreich­er frei, per Handy festzuhalt­en, wie er sich beim Kreuzlschr­eiben getan hat. Tu felix Austria! Wär ja auch noch schöner, wenn man sich beim Frühstück filmen und das Resultat auf Facebook hochladen darf, bei der Ausübung seiner demokratis­chen Wählerpfli­cht aber gesetzlich daran gehindert würde! Wenn die neue Regierung steht, sollte sie überhaupt darauf hinarbeite­n, das Recht auf Selfieschi­eßen an jedem erdenklich­en Ort schnellste­ns in den Verfassung­srang zu heben.

Euch selfiescha­rfen Deutschen aber bleibt der Trost, dass ihr vor der nächsten Wahl um eine Ösi-Staatsbürg­erschaft ansuchen könnt. Ein wenig Deutsch (wenn auch nicht das unsere) beherrscht ihr ja von Haus aus. Das wär bei der Einbürgeru­ng sicher ein Vorteil.

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