So nah war Strache der Regierungsbank noch nie
Die FPÖ hat mit Platz drei die doppelte Wahl
Zwei Wochen vor der Wahl gab FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache noch einmal zu Protokoll: „Man kann uns vielleicht noch ein bisschen verzögern, aber nicht auf Dauer aufhalten.“Gemeint war eine Regierungsbeteiligung der Freiheitlichen auch wieder im Bund – nach elf Jahren in der Opposition, die auf die zwei schwarz-blauen Episoden unter Kanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) von 2000 bis 2006 folgten. 2006 schaffte der damals seit einem Jahr als FPÖ-Chef installierte Strache elf Prozent, zwei Jahre später, beim vorgezogenen Wahlgang 2008, gelang es ihm, die Blauen auf 17,5 Prozent zu hieven – aber die SPÖ-ÖVP-Regierung – oder, wie er sie mittlerweile nur noch nennt, „die völlig gescheiterte rot-schwarze Belastungsregierung“– blieb ein Jahrzehnt und ein Jahr im Amt.
In zwei Bundesländern gibt es hingegen bereits zwei Vorzeigemodelle, mit denen die Freiheitlichen jede Variante argumentieren können: Im Burgenland arbeitet seit 2015 eine rot-blaue Koalition zwischen Hans Niessl (SPÖ) und Johann Tschürtz (FPÖ) relativ geräuschlos vor sich hin. In Oberösterreich wird ebenso seit zwei Jahren konfliktfrei nach außen eine schwarz-blaue Agenda im Rahmen einer Proporzregierung von Thomas Stelzer (ÖVP) und Manfred Haimbuchner (FPÖ) abgearbeitet.
Die blauen Kanzlermacher
Am Sonntag nun ist Strache mit der FPÖ dem Ziel einer Regierungsbeteiligung aber so nahe gekommen wie bei keiner Wahl zuvor im vergangenen Jahrzehnt. Er geht als Königsmacher in die nächsten Wochen. Das von ihm erhoffte „historische Ergebnis“schien nach der ersten SoraHochrechnung fast erreicht: Um 17 Uhr wies sie für die FPÖ 26,8 Prozent und Platz zwei aus – nur ein Hauch weniger als der bisherige Höchstwert bei einer Nationalratswahl. 1999 kamen sie mit Jörg Haider auf 26,9 Prozent, prozentuell gleichauf mit der ÖVP – die nach Stimmen aber nur Dritte war, aus dieser Position dann aber mithilfe der Blauen das Kanzleramt eroberte. Eine Stunde später blieb am Sonntag der blaue Balken dann aber auf 25,9 Prozent und hinter der SPÖ stehen, um 19 Uhr bei 26 Prozent.
Das heißt, dass Strache nach einem Wahlkampf ohne Pleiten, Pannen und Provokationen wie früher und der Rolle als unbeteiligter Zuschauer im Dirty-Campaigning-Schlammcatchen zwischen SPÖ und ÖVP die doppelte Wahl hat: Unter Sebastian Kurz den Vizekanzler in einer „neuen“Variante von Schwarz-Blau, also mit den Türkisen und der „neuen Volkspartei“, zu geben – oder aber in der SPÖ jemanden zu finden (wenn, wird das nicht der aktuelle Parteichef Christian Kern sein), der mit ihm Rot-Blau probiert.