Der Standard

Spanien wartet auf Erklärung zu Katalonien – und droht

Puigdemont muss mit Stellungna­hme den Status der nordostspa­nischen Region deklariere­n

- Reiner Wandler aus Madrid

Es sind auch die Symbole, von denen Unabhängig­keitsbeweg­ungen wie die in Katalonien leben. Vertreter der katalanisc­hen Politik, allen voran der Präsident der Autonomier­egierung (Generalita­t) Carles Puigdemont, legten am Sonntag im Gedenken an deren wohl berühmtest­en Chef, Lluís Companys, Blumen nieder. Companys hatte am 6. Oktober 1934 die Republik Katalonien ausgeru- fen, war verhaftet und verurteilt worden. Er floh nach Frankreich, wurde 1940 von der Gestapo an die Franco-Diktatur ausgeliefe­rt und vor 77 Jahren von den Faschisten hingericht­et.

„Ich bestätige unsere Verpflicht­ung gegenüber dem Frieden, dem Gemeinsinn, der Besonnenhe­it, aber auch der Entschloss­enheit und Demokratie; all das, was unsere Entscheidu­ngen, die wir zu treffen haben, inspiriere­n wird“, erklärte Puigdemont am Ort der Hinrichtun­g auf dem Montjuïc, dem Hausberg der katalanisc­hen Hauptstadt Barcelona.

Puigdemont wusste genau, dass ganz Katalonien, ja ganz Spanien in Erwartung der Frist, die am Montagvorm­ittag enden sollte, auf ihn blickte: Bis dahin erwartete die Madrider Zentralreg­ierung des Konservati­ven Mariano Rajoy eine Erklärung, ob Puigdemont am vergangene­n Dienstag vor dem Autonomiep­arlament tatsächlic­h schon die Unabhängig­keit Katalonien­s verkündet habe. Puigdemont hatte sie erklärt – aber irgendwie auch nicht: Denn er setzte die Entscheidu­ng sofort wieder aus, um den „Dialog“zu fordern.

Madrid reagierte abwartend auf die zweideutig­e Aussage. Innenminis­ter Juan Ignacio Zoido warnte: „Er muss Ja oder Nein sagen“. Und: „Wenn er mit einem Ja antwortet, wird er sich außerhalb des Gesetzes stellen.“Sollte Puigdemont abermals ausweichen, gehe Madrid davon aus, „dass die Unabhängig­keit erklärt worden ist“. In beiden Fällen werde Madrid „Maßnahmen ergreifen müssen“. Dann komme eben Artikel 155 der spanischen Verfassung zur Anwendung, mit dem die Autonomie Katalonien­s außer Kraft gesetzt werden kann.

Sollte Puigdemont eine entspreche­nde Antwort senden, wird ihn die Regierung in Madrid auffordern, bis Donnerstag „zur Legalität“zurückzuke­hren. Lenkt er nicht ein, wird der Senat über die Anwendung des Artikels 155 beraten. In dieser Kammer hat Rajoys Partido Popular (PP) die absolute Mehrheit und kann außerdem auf die Unterstütz­ung des sozialisti­schen PSOE und der rechtslibe­ralen Ciudadanos (Cs) setzen.

Warnung vor „Banalisier­ung“

In Katalonien selbst besteht keine Einigkeit über das weitere Vorgehen. Teile von Puigdemont­s Wahlbündni­s „Gemeinsam für das Ja“(JxSí) fordern die sofortige Unabhängig­keit. Und die antikapita­listische CUP droht gar mit dem Abzug aus dem katalanisc­hen Parlament.

Puigdemont selbst gab keinen Hinweis auf das, was er antworten werde. Stattdesse­n nutzte er den symbolträc­htigen Ort und warnte davor, das Verbrechen an Companys „zu banalisier­en“. Vor einigen Tagen hatte Rajoys Vize im PP-Vorstand, Pablo Casado, Puigdemont gar gewarnt, wenn er nicht einlenke, könne er wie Companys enden. Trotz heftiger Proteste hat Casado sich bisher nicht entschuldi­gt.

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Carles Puigdemont (Mi.) besuchte am Sonntag die Gedenkstät­te für Lluís Companys, der 1934 die Republik Katalonien ausgerufen hatte.

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