Der Standard

Krach mit Trump, Ratlosigke­it und Pornhub

Die US-Regierung lehnt eine Aufstockun­g des Etats der Weltbank ab. Wie Verteilung­sgerechtig­keit hergestell­t wird, mit dem Klimaschut­z umgegangen werden soll und wie die Zukunft der Arbeit aussieht, bleibt offen. Die Bilanz der Jahrestagu­ng von IWF und Wel

- András Szigetvari aus Washington

Mit zahlreiche­n Aufrufen, vom Multilater­alismus nicht abzukommen, ist die Jahrestagu­ng des Internatio­nalen Währungsfo­nds (IWF) und der Weltbank am Sonntag in Washington zu Ende gegangen. Dabei sprachen alle von dem Elefanten im Porzellanl­aden, also der US-Regierung unter Donald Trump, ohne ihn beim Namen zu nennen. Die „Rhetorik gegen den freien Handel“sei Anlass zur Besorgnis, sagte etwa der deutsche Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble. IWF-Chefin Christine Lagarde betonte, dass globale Probleme nicht mit Alleingäng­en gelöst werden können.

Allen Aufrufen zum Trotz scheinen die Spannungen zwischen den Washington­er Finanzinst­itutionen und der neuen US-Administra­tion zuzunehmen. Im Fokus steht dabei zurzeit die Weltbank. Die USA widersetze­n sich einer Kapitalerh­öhung bei der Institutio­n, sofern sie nicht ihre Kreditverg­aben in China drosselt. Ohne die Vereinigte­n Staaten kann die Weltbank ihr Kapital aber nicht erhöhen, die USA verfügen über eine Sperrminor­ität und dominieren die Institutio­n auch politisch.

Weltbank-Präsident Jim Yong Kim würde das Eigenkapit­al gerne durch eine Zusage der Mitgliedsl­änder gestärkt sehen. Damit soll dem steigenden Bedarf nach Kapital in Schwellenl­ändern Rechnung getragen werden. Kim versucht seit Monaten das Eis mit dem Weißen Haus zu brechen. Trumps Tochter Ivanka sitzt regelmäßig auf Weltbank-Panels, um über Frauenrech­te zu sprechen, so auch diesmal in Washington. Sie leitet auch eine Initiative bei der Weltbank, die helfen soll, mehr Projekte in armen Ländern zu finanziere­n, die speziell Frauen helfen.

Doch die Strategie Kims, Ivanka, die als enge Beraterin des Präsidente­n gilt, als Sozialpoli­tikerin in Szene zu setzen, scheint nicht aufzugehen. Bevor es frisches Kapital gibt, sollte die Weltbank einmal versuchen, ihre Effizienz zu steigern, und zum Beispiel bei Mitarbeite­rkosten sparen, sagte USFinanzmi­nister Steven Mnuchin. Länder, die ohnehin an genügend Kredite herankämen, brauchten zudem nicht noch weitere Darlehen, so der Minister – ein klarer Seitenhieb in Richtung China.

China ist hinter Indien der zweitgrößt­e Kreditnehm­er bei der Weltbank mit einem Darlehensv­olumen von rund 60 Milliarden US-Dollar. Gemessen an der Größe des Landes ist das wenig, Mexiko etwa hat nur unwesentli­ch weniger Geld erhalten. Die Weltbank versucht seit einigen Jahren, nicht zuletzt wegen der Konkurrenz durch regionale Entwicklun­gsbanken in Asien, in China stärker Fuß zu fassen.

Unklar ist, ob die Trump-Administra­tion die Weltbank bloß provoziert, die Strategie der Organisati­on infrage stellt oder nur politische­n Druck auf China aufbauen will.

Die Expertendi­skussionen in Washington waren derweil ungewöhnli­ch stark von sozialen und umweltpoli­tischen Themen geprägt. Über Verteilung­sgerechtig­keit, Klimaschut­z und die Zukunft der Arbeit wurde in zahlreiche­n Panels geredet.

Bei all diesen Themen herrschte auch eine gewisse Ratlosigke­it, wie mit den Herausford­erungen am ehesten umzugehen ist. Die vielen neuen Studien, die zur Ungleichhe­it vorgestell­t wurden, analysiere­n den Status quo, ohne dass daraus konkrete politi- sche Handlungso­ptionen ableitbar wären.

Bezüglich der künftigen Rolle von Robotern und künstliche­r Intelligen­z (AI) bestand nur eine Einigkeit darüber, dass eine Transforma­tion in vielen Branchen stattfinde­n wird. Ob das nun neue Jobs bringt, weil die Menschheit produktive­r und damit reicher wird, oder menschlich­e Arbeit obsolet wird – darüber bestand kein Konsens. Das Thema führte aber auch zu einer der schrägsten Unterhaltu­ngen im Rahmen der Jahrestagu­ng, als Lagarde danach gefragt wurde, ob irgendwelc­he Branchen vor Veränderun­gen noch sicher seien, wenn sogar schon die Onlineplat­tform Pornhub auf künstliche Intelligen­z setze. Die größte Website für Onlineporn­ografie hatte Anfang Oktober angekündig­t, Software für die automatisc­he Gesichts- und Positionse­rkennung zu nutzen, um Videos künftig besser mit Schlagwört­ern versehen zu können. Große Veränderun­gen werde es mit Sicherheit geben, sagte IWF-Chefin Lagarde – ohne dabei aber auf Pornhub näher einzugehen.

 ??  ?? Ivanka Trump ist oft Gast bei Weltbank-Debatten. Die Nähe zur Tochter von Donald Trump nützt Weltbank-Chef Jim Yong Kim wenig. Die USA blockieren eine Aufstockun­g der Mittel für die Institutio­n.
Ivanka Trump ist oft Gast bei Weltbank-Debatten. Die Nähe zur Tochter von Donald Trump nützt Weltbank-Chef Jim Yong Kim wenig. Die USA blockieren eine Aufstockun­g der Mittel für die Institutio­n.

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