Der Standard

„Die Räuber“an der Volksoper

Giuseppe Verdis „Die Räuber“(„I masnadieri“) an der Volksoper Wien enttäuscht. Man hat versucht, ein historisie­rendes Odeur mit modernisti­scher Abstraktio­n zu verbinden. Dabei gehen die eigentlich­en Anliegen des Stoffes aber verloren.

- Daniel Ender

Wien – Das Setting des Anfangs ist ungewöhnli­ch und vielverspr­echend: In einem Kubus sind zur Ouvertüre von Giuseppe Verdis I masnadieri (nach Friedrich Schil- lers Drama Die Räuber) an der Volksoper Wien drei kostümiert­e Kinder zu sehen – wohl die späteren Protagonis­ten der Oper – und dazu Solocellis­t Roland Lindenthal, der Verdis Lyrismen expressiv und kantabel präsentier­t. Die Einheit von Szene und Musik hat etwas Fesselndes – doch wird es an diesem Abend diesbezügl­ich beim Verspreche­n bleiben.

Der Ansatz wird später in keiner Weise mehr weiterverf­olgt. Dabei motiviert Dirigent Jac van Steen das hauseigene Orchester zu Höhenflüge­n: Kernig und martialisc­h klingt die Sphäre der räuberisch­en Handlungss­tränge, elegant fließen die Lyrismen der Liebesding­e und Heiratsplä­ne. Und auch gesungen wird bei der neuesten Volksopern­premiere fulminant bis achtsam.

Szenische Defizite

Vincent Schirrmach­er gibt dem Karl metallisch­en Glanz, kraftvolle Stütze und nicht zu sparsam dosierten Schmelz, Boaz Daniel dem Bruder Franz reichlich Schwärze und neben aller Bosheit auch menschlich­e Wärme. Als beider Vater Maximilian hält sich Kurt Rydl vor allem ans übermächti­ge Poltern und Dröhnen, was bei ihm zu mehr Präsenz als Präzision führt. Sängerisch tadellos ist hingegen Sofia Soloviy als Amalia mit stählern poliertem, zu nahezu perfekten Phrasen getrimmtem Sopran. Insbesonde­re bei ihr zeigen sich jedoch auch in der Flachheit der Operngeste­n die szenischen Defizite der Produktion, bei der man wohl versucht hat, ein historisie­rendes Odeur mit modernisti­scher Abstraktio­n zu verbinden.

Dick aufgetrage­ne Kostüme

Diese Ansätze begegnen sich in den Elementen der Ausstattun­g – den allem Anschein nach in Friedrich Schillers Zeit angesiedel­ten, dick aufgetrage­nen Kostümen von Bettina Walter und im reduzierte­n Bühnenbild von Bettina Meyer, das im Wesentlich­en aus dem bereits erwähnten Kubus besteht. Oder besser gesagt: Sie begegnen einander nicht, sondern verfehlen einander. Denn die Inszenieru­ng von Alexander Schulin verfrachte­t die Gruppen des (sehr gut singenden) Chors zwar irgendwie von A nach B, stimmig wirkt das aber ebenso wenig wie die Personenfü­hrung, in der vieles grimassenh­aft überzeichn­et erscheint.

Doch insbesonde­re was von der Aussage des Stücks zu halten ist, warum etwa die Räuber in den böhmischen Wäldern so oft von Freiheit und sozialer Gerechtigk­eit sprechen – das wäre eine Frage gewesen, die nicht nur in Zeiten wie diesen ein gewisses Interesse verdient hätte. Sie fand jedoch auf der Bühne keine merkliche Resonanz. Nächste Termine: 18., 22., 27., 30. 10.

 ??  ?? Enttäuscht­e, weil nicht erwiderte Zuneigung, die ein verheerend­es Machtspiel mit anheizt: Boaz Daniel (Franz) und Sofia Soloviy (Amalia) mit Chor in „Die Räuber“an der Volksoper.
Enttäuscht­e, weil nicht erwiderte Zuneigung, die ein verheerend­es Machtspiel mit anheizt: Boaz Daniel (Franz) und Sofia Soloviy (Amalia) mit Chor in „Die Räuber“an der Volksoper.

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