Der Standard

KOPF DES TAGES

Ein Schritt auf dem Weg ins Kanzleramt

- Conrad Seidl

Dies ist Geschichte von einem, der auszog, um Kanzler zu werden. In die Wiege gelegt war es ihm nicht. Und seine ersten politische­n Auftritte waren nicht gerade glücklich – aber sie haben Sebastian Kurz immerhin Aufmerksam­keit gesichert: Als er im Wien-Wahlkampf 2010 mit dem „Geilomobil“durch die Stadt kurvte (Motto: „Schwarz macht geil“), wurde der damalige Obmann der Jungen ÖVP von vielen als peinlich empfunden.

In den Landtag zog er dennoch ein, ein Jahr später holte Michael Spindelegg­er „das politische Ausnahmeta­lent“als Integratio­nsstaatsse­kretär in die Regierung. Mit noch nicht ganz 25 Jahren war er das jüngste Regierungs­mitglied aller Zeiten – und wunderte sich in persönlich­en Gesprächen darüber, wie wenig ernst er genommen wurde.

Beirren ließ er sich davon nicht – es konnte ja nur noch besser werden.

Und es wurde besser: Nach zweieinhal­b Jahren unter Johanna Mikl-Leitner im Innenminis­terium hatte er sich auch bei einigen seiner früheren Kritiker Respekt verschafft. Spindelegg­er machte ihn zum Außenminis­ter, ein Amt, das er zuvor selbst bekleidet hatte. Kurz genoss die für ihn persönlich guten Umfragewer­te, während Spindelegg­ers Nachfolger Reinhold Mitter- die lehner zum Star der Partei aufstieg, dann aber neben Kurz zusehends verblasste.

Als seine Zeit gekommen war, konnte Kurz wohlvorber­eitet die Partei übernehmen und umkrempeln – viele seiner persönlich­en und politische­n Freunde hatten sich ja inzwischen in Stellung gebracht.

Nun galt es, den Schwung zu nutzen – was angesichts des verfrühten Rücktritts Mitterlehn­ers einen extrem langen, über den Sommer hingezogen­en Wahlkampf bedeutete.

In diesem gab Kurz dann auch einen Einblick in seine Biografie, erzählte immer wieder von der Arbeitslos­igkeit des Vaters und der Anstrengun­g, mit der dieser ins Berufslebe­n zurückgefu­nden hatte.

Fürs Gemüt gab es dann auch alte Fotos mit Tieren und neue Bilder mit der Freundin Susanne, mit der er seit seiner Schulzeit zusammen ist, die aber immer nur bei einigen wenigen öffentlich­en Auftritten dabei war. Im persönlich­en Auftreten stets höflich und bescheiden, in seinen Ansprüchen aber fordernd und unbescheid­en – so versuchte er halbwegs erfolgreic­h die ihm in zahlreiche­n Fernsehaus­einanderse­tzungen gestellten Fallen zu vermeiden. Nun muss er zeigen, ob er auch Regierungs­verhandlun­gen führen kann.

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Foto: APA Sebastian Kurz muss sich nach dem Wahlsieg auf Partnersuc­he begeben.

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