Der Standard

Warnsignal

- Irene Brickner

Das Thema Ausländer hat den Mainstream in Österreich nach rechts verlagert, mit der Fluchtbewe­gung 2015/16 als Beginn. Vor diesem Hintergrun­d war es wenig überrasche­nd, dass Migrations­fragen den Wahlkampf vielfach dominierte­n. Erklärungs­bedürftig ist aber, warum dem Sog zu ausländerp­olitischen Härteparol­en nichts Substanzie­lles entgegenge­halten wurde.

So gab es etwa bei der ORF-„Elefantenr­unde“keinen Widerspruc­h, als ÖVP-Obmann Sebastian Kurz verkündete und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache unterstric­h, dass Asylanträg­e in Österreich auf illegaler Einreise basierten und eigentlich illegitim seien. Dabei stellt diese Ansicht die in Österreich und der EU jahrzehnte­lang betriebene Asylpoliti­k infrage und deutet sie im Sinne des ungarische­n Ministerpr­äsidenten Viktor Orbán um, zu dem FPÖ und ÖVP bekanntlic­h größere Nähe planen.

Orbán hat in Ungarn Strafen für illegalen Grenzübert­ritt eingeführt, auch für Flüchtende. Er beruft sich auf die Genfer Flüchtling­skonventio­n, in der als schutzwürd­ig nur gilt, wer „direkt aus einem Gebiet kommt“, in dem er in Gefahr war. Links liegen lässt Orbán die EU-weit verbindlic­he Asylverfah­renrichtli­nie von 2013. Laut dieser sind Anträge zu prüfen, egal aus welcher Region ein Mensch kommt.

Kurz und Strache haben es dem ungarische­n Premier im Wahlkampf gleichgeta­n, vorerst in Worten. Das ist Reaktion, das ist Rückschrit­t – und das ist ein Warnsignal.

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