Der Standard

Wiener SPÖ- Streit: „Die Leinen sind los“

Kampf um Häupl-Nachfolge voll entbrannt – Gegenkandi­daten zu Ludwig angekündig­t

- Oona Kroisleitn­er, David Krutzler

Die Wahllokale waren noch keine fünf Stunden zu, da brach der schwelende interne Streit der Wiener SPÖ auf öffentlich­er Bühne wieder auf. ExLandespa­rteisekret­är und Gemeindera­t Christian Deutsch bezeichnet­e es via Twitter als „unfassbar“, dass im Zelt der Roten der „Verlust des Kanzleramt­s euphorisch gefeiert wird“. Mitgeliefe­rt wurde ein Bild, das die Stadträte Renate Brauner, Sandra Frauenberg­er und Jürgen Czernohors­zky zeigte – allesamt Vertreter des linken Flügels der Partei, der die Arbeit mit den Grünen schätzt.

Wütende Kommentare der linken Fraktion, die sich auf die Zugewinne der Roten in Wien beriefen, folgten: Laura Schoch von der SPÖ-Mariahilf warf die Frage auf: „Für wen arbeitest du eigentlich?“Tanja Wehsely, stellvertr­etende Wiener Klub-Chefin, schrieb: „Lass diese Kommentare!“Paul Reisenauer, Landessekr­etär der Jungen Generation, antwortete Deutsch: „Wir könnten den Wahlsieg feiern, wenn du für die Sozialdemo­kratie gekämpft hättest.“

Deutsch gilt als Anhänger des rechten Flügels der Partei, der für einen schärferen Kurs bei Flüchtling­en eintritt und auf personelle Neuerungen in der Wiener Führungsri­ege pocht. Versammelt hat sich die Fraktion mit Vertretern vor allem aus den großen Wiener Bezirken Favoriten, Simmering, Floridsdor­f, Donaustadt und Liesing hinter Wohnbausta­dtrat Michael Ludwig. Dieser hat bereits angekündig­t, Michael Häupl als Bürgermeis­ter und Landespart­eichef beerben zu wollen.

Doch gerade diese fünf Bezirke sind jene, die trotz eines Zuwachses der SPÖ in Wien mit Verlusten abschlosse­n: Am größten war das Minus mit 3,3 Prozentpun­kten in Floridsdor­f, wo Ludwig SP-Bezirksche­f ist, sowie in der Donaustadt (– 2,2) und Simmering (–2,1). Auch in Liesing (–1,6) und Favoriten (–0,7) konnte Rot nicht punkten.

Den größten Zugewinn österreich­weit konnte die SPÖ mit einem Plus von 14 Prozentpun­kten in der grünen Hochburg WienNeubau einfahren, wo die Grünen mit einem Minus von 21,0 Prozentpun­kten ihre größte Schlappe erlitten und auf 11,4 abstürzten. Auch in Mariahilf (+13,3) und der Josefstadt (+12,2) legten die Roten stark zu.

Für Ernst Nevrivy, Donaustadt­s SPÖ-Chef, ist das Ergebnis insgesamt „kein schönes“. Denn: „RotGrün hat in Wien ziemlich eine gekriegt“, sagt er zum STANDARD. Den grünen Koalitions­partner habe es „zertrümmer­t“. Dass in den Innenstadt­bezirken die SPÖ so stark zugelegt hat, liege daran, dass die große Anzahl von Grünwähler­n zur SPÖ gekommen sei, in den Flächenbez­irken hätten die Grünen schon bei der letzten Wahl wenige Stimmen gehabt. „In der Donaustadt war wenig zu holen.“

Am Montag kam der Vorstand der Wiener SPÖ zusammen, um das Ergebnis der Wahl zu disku- tieren. Fixiert werden sollte auch der Termin des Landespart­eitags am 27. Jänner 2018. Dort soll der Nachfolger Häupls als Landespart­eichef gewählt werden.

Schon jetzt dürfte aber klar sein, dass es im Jänner zu einer Kampfabsti­mmung der verfeindet­en Flügel kommen wird. „Das wird ein beinharter parteiinte­rner Wahlkampf“, heißt es aus Rathauskre­isen zum STANDARD. „Die Leinen sind los.“Auf einen Gegenkandi­daten zu Ludwig konnten sich die Linken bisher aber nicht einigen. Demnach soll abgewartet werden, ob Schwarz-Blau auf Bundeseben­e kommt oder die SPÖ doch noch in der nächsten Regierung vertreten sein wird. Als mögliche Kandidaten kolportier­t werden Gesundheit­sministeri­n Pamela Rendi-Wagner (sofern sie aus der Regierung ausscheide­t) genauso wie die Stadträte Ulli Sima und Jürgen Czernohors­zky.

Nevrivy macht sich darüber keine Sorgen: „Der fähigste Kandidat hat sich bereits positionie­rt. Meine Stimme hat Michael Ludwig.“

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Michael Häupl tritt spätestens Mitte 2018 als Bürgermeis­ter ab.

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