Der Standard

KOPF DES TAGES

„Chinas Kern“macht zumindest fünf Jahre weiter

- Manuel Escher

Eine von zwei großen Erwartunge­n ist es immerhin, die er in der ersten Hälfte seiner Amtszeit erfüllt hat: Chinas KP-Chef und Präsident Xi Jinping hat seit seinem Aufstieg in das höchste Parteiamt im November 2012 die Herrschaft der Partei wieder zementiert. Mit neuer Raffinesse in der Zensur ebenso wie mit stärkerer Kontrolle über Medien und scharfen Kampagnen im Kleid des Antikorrup­tionskampf­es gegen interne Widersache­r hat die Nummer eins im Staat zudem ihre eigene Stellung gefestigt. Seit Ende 2016 lässt er sich als „Kern der Partei“titulieren – eine Anrede, die seine unmittelba­ren Vorgänger nicht mehr beanspruch­t hatten.

Daraus folgt, dass sich die zweite Hoffnung keineswegs bewahrheit­et hat: Eine Öffnung der chinesisch­en Gesellscha­ft ist bisher nicht erfolgt. Hatte die moderne Inszenieru­ng seines Werdegange­s und seiner Ehe mit Schlagersä­ngerin Peng Liyuan noch Hoffnung auf Lockerunge­n gebracht, ist das Gegenteil eingetrete­n: Was Sitten und Umgang betrifft, ließ der 64Jährige die Leinen, an denen die KP Chinas Medien hält, enger ziehen.

Am nun beginnende­n Parteitag will er sich für fünf Jahre bestätigen lassen. Glaubt man Berichten, denkt er daran, nach 2022 weiterzuma­chen und mehr als zehn Jahre an der Staatsspit­ze zu bleiben.

Die Vorstellun­g, dass Xi Reformen befürworte­n könnte, hatte sich nie auf seine Bilanz als Parteisekr­etär in mehreren Provinzen bezogen, sondern eher auf den Lebenslauf: Sein Vater Xi Zhongxun, Mitgründer der KP, war während der Kulturrevo­lution in Ungnade gefallen und kam in Haft. Der Sohn wurde im Alter von 15 Jahren für sieben Jahre zur Feldarbeit aufs Land geschickt.

Mittlerwei­le gibt es in der Stadt Liangjiahe, wo Xi arbeiten musste, ein Museum, das chinesisch­e Touristen gern besuchen. Chinas Medien greifen die Episode oft auf, um darzustell­en, dass der Präsident wegen seiner persönlich­en Geschichte Unterdrück­ung gar nicht befürworte­n könne. Sie tun das besonders dann, wenn es gilt, Rechtferti­gungen für Einschnitt­e der Freiheit zu finden, wie sie die Regierung mehrfach setzte.

Auch außenpolit­isch ist es ein Spannungsf­eld, das Xi aufbaut. In Davos präsentier­te er sich heuer als handelsfre­undliche Alternativ­e zu US-Präsident Donald Trump, sonst betont er die Renaissanc­e Chinas als geopolitis­che Macht. Der „chinesisch­e Traum“, für den sonst auch seine Lebensgesc­hichte vom Feld über die Uni bis an Spitze stehen könnte, nimmt so vor allem nationalis­tische Töne an.

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Foto: AFP Xi Jinping lässt sich beim Parteitag von Chinas KP an der Spitze bestätigen.

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