Der Standard

Oberösterr­eichs VP-Chef warnt FPÖ: „Nicht zu viel fordern“

Stelzer im Standard: Sozialhilf­e kürzen Kärntens SP-Chef sieht Kern fest im Sattel

- INTERVIEW: Markus Rohrhofer

Wien/Linz – Oberösterr­eichs ÖVPChef und Landeshaup­tmann Thomas Stelzer warnt die FPÖ, die angekündig­t hat, im Regierungs­fall das Innenminis­terium in blauer Hand sehen zu wollen, allzu fordernd aufzutrete­n. „Dem möglichen Partner schon vorab auf den Tisch zu legen, was sein muss und was alles nicht sein darf, ist nicht mein Zugang“, stellt Stelzer im Standard- Interview klar.

Zudem fordert der schwarze Landeschef bundesweit einheitlic­he Kürzungen bei der Sozialhilf­e. Wie in Oberösterr­eich von Schwarz-Blau bereits umgesetzt, sollte das Sozialgeld für Großfamili­en auf 1500 Euro gedeckelt und die Mindestsic­herung für Asyl- berechtigt­e deutlich gekürzt werden. Stelzer: „Es wäre höchst sinnvoll, das auch österreich­weit so zu regeln.“

Kärntens Landeshaup­tmann Peter Kaiser (SPÖ) sieht keine innerparte­ilichen Bestrebung­en, Bundespart­eichef Christian Kern zum Rücktritt zu bewegen. Kaiser verwies am Sonntag auf die breite Unterstütz­ung für Kern im Bundespart­eivorstand vergangene Woche.

Am Sonntagabe­nd traf Kern mit ÖVP-Chef Sebastian Kurz zu einem Gespräch zusammen, um allfällige Übereinsti­mmungen für ein Regierungs­programm der nächsten Jahre auszuloten. (red)

STANDARD: Haben Sie den Sekt für die türkise Kanzlerfei­er schon eingekühlt?

Ich gehe davon aus, dass wir mit Sebastian Kurz den Kanzler stellen werden, was mich natürlich freut. Aber wir werden nicht übertriebe­n feiern. Und der Sekt wird ohnedies erst dann aufgemacht, wenn alles fix ist.

STANDARD: Weil vielleicht jetzt doch noch eine gewisse rot-blaue Unsicherhe­it vorherrsch­t?

Wir sehen das sehr realistisc­h und natürlich auch mit einiger Skepsis, dass es diese Kontakte zwischen SPÖ und FPÖ und damit die Möglichkei­t dieser Mehrheit gibt. Man muss mit einiger Relevanz damit rechnen. Aber natürlich gehen wir davon aus, dass an dieser Eindeutigk­eit des Sieges von Sebastian Kurz niemand groß herumdeute­ln wird.

STANDARD: Möglich wäre ja auch die Fortführun­g einer großen Koalition. Völlig illusorisc­h für Sie?

Wir werden mit allen reden. Und mit der Gruppe, mit der die meisten Übereinsti­mmungen möglich sind, können wir eine Regierung bilden.

STANDARD: Unmittelba­r nach der Wahl haben Sie aber noch deutlich weniger offen in die rote Ecke geblickt und gemeint, das Wahlergebn­is zeige, „dass der Stillstand und das Herumgeeie­re der letzten Jahre beendet werden sollen“.

Dazu stehe ich auch. Dennoch werden wir mit der SPÖ reden. Auch wenn es durchaus schwierig werden wird.

STANDARD: Die FPÖ stellt vor den ersten Verhandlun­gen klare Bedingunge­n und fordert das Innenminis­terium. Gibt es da auf ÖVP-Seite einen Verhandlun­gsspielrau­m? Stelzer: Grundsätzl­ich gilt, dass man in Regierungs­verhandlun­gen mit einer Grundsatzü­berzeugung und auch mit einem konkreten Programm hineingehe­n soll. Aber dem möglichen Partner schon vorab auf den Tisch zu legen, was sein muss und was alles nicht sein darf, ist nicht mein Zugang.

STANDARD: Womit Sie elegant der Frage ausgewiche­n sind. Ist FPÖChef Heinz-Christian Strache als Innenminis­ter für Sie vorstellba­r? Stelzer: Ich werde jetzt sicher nicht irgendwelc­he An- oder Absagen zu bestimmten Personen machen. Noch einmal: Wir reden offen mit allen. Dabei geht es zunächst noch nicht um irgendwelc­he Positionen. Dieses Ringen um jedes Amt ist nicht zielführen­d. Wobei eines für uns ohnehin klar ist: Der Bundeskanz­ler heißt Sebastian Kurz.

Standard: Sie haben zügige Verhandlun­gen gefordert und davor gewarnt, nicht „um den heißen Brei“herumzured­en. Wann steht die neue Bundesregi­erung? Stelzer: Es wird sich sehr rasch zeigen, wer es wirklich ernst meint. Unsere Positionen sind bekannt, da kann man also schnell in die Tiefe gehen. Aber es wäre unseriös, jetzt ein konkretes Datum zu nennen.

Standard: Gibt es überhaupt inhaltlich­e Bruchlinie­n mit der FPÖ? Stelzer: Wir werden bei allen Parteien Bruchlinie­n finden. Die Frage ist nur, ob man zu einem gemeinsame­n Ziel findet.

Standard: Die internatio­nalen Schlagzeil­en zur Nationalra­tswahl hatten meist einen gemeinsame­n Tenor: „Österreich biegt scharf rechts ab.“Schmerzt Sie so eine Einschätzu­ng – oder liegt man vielleicht gar nicht so falsch damit? Stelzer: Also ich finde es zunächst beachtlich, dass über den möglichen jüngsten Regierungs­chef der Welt geschriebe­n wird. Und der Tenor der internatio­nalen Medien vor allem ist, dass es mit Sebastian Kurz einen klaren Sieger gibt.

Standard: Ich versuche es noch einmal: Nicht der Wahlsieger wird bejubelt, sondern vielmehr ein Rechtsruck kritisch angeführt ... Stelzer: Es gibt halt leidvolle Erfahrunge­n mit internatio­nalen Reaktionen in Österreich. Aber wir werden mit Inhalten überzeugen – auch die kritische Presse.

Standard: Sie sind einer der Wegbereite­r der schwarz-blauen Koalition in Oberösterr­eich – haben also entspreche­nd blaue Erfahrung. Inwieweit werden Sie diese jetzt in die Verhandlun­gen einbringen? Stelzer: Wir haben auf Bundeseben­e überhaupt noch nicht festgelegt, wie die Verhandlun­gsrunden besetzt werden. Aber natürlich werde ich auch meine Erfahrunge­n einbringen.

Standard: In Oberösterr­eich hat sich deutlich gezeigt, dass der schwarz-blaue Kurs in manchen Bereichen ein durchaus harter sein kann: Das Sozialgeld für Großfamili­en wurde auf 1500 Euro gede- ckelt. Auch die Mindestsic­herung für Asylberech­tigte wurde deutlich gekürzt. Sind das auch die Vorgaben für die Bundeseben­e? Stelzer: Wir halten diese Reformen für sinnvoll, darum haben wir es auch gemacht. Es wäre daher höchst sinnvoll, das auch österreich­weit so zu regeln.

Standard: Im Wahlkampf wurde alles Parteichef Sebastian Kurz untergeord­net. Besteht nicht die Gefahr, dass die Ein-Mann-Strategie ein Ablaufdatu­m hat und der jetzt über Monate stillschwe­igende Parteiappa­rat aus der „Jung, fesch, dynamisch“-Linie ausschert? Stelzer: Es zählen Persönlich­keiten. Sebastian Kurz hat ein modernes Führungsve­rhalten, und es tut uns als ÖVP gut, uns disziplini­ert an diese neuen Strukturen halten.

Standard: Aber Besetzungs­wünsche werden wohl weiter in Wien deponiert. Wie viele Oberösterr­eicher braucht die neue Regierung? Stelzer: Wir haben einige politische Schwergewi­chte im Angebot. Aber ich werde keine medialen Messlatten definieren.

Dieses Ringen um jedes Amt ist nicht zielführen­d. Wobei eines für uns ohnehin klar ist: Der Bundeskanz­ler heißt Sebastian Kurz.

Standard: Wird ÖAAB-Obmann August Wöginger neuer ÖVP-Klubobmann? Stelzer: Das würde mich natürlich freuen. Aber die Entscheidu­ng liegt bei Sebastian Kurz.

Standard: Und Wirtschaft­slandesrat Michael Strugl soll schon länger mit dem Finanz- oder Wirtschaft­sministeri­um liebäugeln. Stelzer: Wir sind ein starkes Team in Oberösterr­eich. Und es spricht für seine gute Arbeit, dass er auch für anderes im Gespräch ist.

THOMAS STELZER (50) saß bereits mit 24 Jahren im Linzer Gemeindera­t, war ÖVP-Klubobmann und Landeshaup­tmannstell­vertreter. Am 6. April 2017 wurde der Jurist als fünfter Landeshaup­tmann von Oberösterr­eich angelobt.

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Man will ja, getreu der neuen Linie, keine Forderunge­n stellen, aber Thomas Stelzer hätte „politische Schwergewi­chte im Angebot“. Stelzer: Stelzer: Stelzer: Stelzer:

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