Der Standard

Boomender Tourismus in Luxor dank China

Nach den Krisenjahr­en strömen zu Beginn der Hochsaison wieder mehr Touristen ins größte Freilichtm­useum der Welt. Neue archäologi­sche Schätze locken auffallend viele Gruppen aus China ins Land der Pharaonen.

- Astrid Frefel aus Luxor

Die Kutschenpf­erde sind wieder etwas besser genährt. Das Aussehen der Tiere, die vor hunderte buntglitze­rnde Calèches gespannt sind, sagt viel über den Tourismus in der oberägypti­schen Metropole Luxor aus. Dass wieder mehr ausländisc­he Gäste da sind, zeigt sich beim Karnak-Tempel, einem der Höhepunkte auf jedem Besucherpr­ogramm. Auf dem Parkplatz stehen etwa drei Dutzend Busse.

Die Sicherheit­svorkehrun­gen sind streng. Das Gelände ist eingezäunt, Einlass gibt es nur durch ein Nadelöhr. Taschen werden dreimal durchleuch­tet, bevor die Touristen das eigentlich­e Gelände betreten dürfen. Im Sommer 2015 wurde hier auf dem Vorplatz durch die Geistesgeg­enwart einiger Einheimisc­her ein Terroransc­hlag vereitelt. In der Hauptachse der gigantisch­en Tempelanla­ge des Amoun, des Königs der Götter, herrscht schon wieder Gedränge, ein babylonisc­hes Stimmengew­irr. Deutsch, Spanisch, Russisch und immer öfter Chinesisch stechen heraus. Die vielen Chinesen in der Stadt und auch in den Hotels fallen auf. Das ist ein neuer Trend. An der Corniche entlang des Nils wurde bereits das erste chinesisch­e Restaurant eröffnet. „Die Karte wird gemischt sein, chinesisch­e und lokale Küche“, sagt ein Angestellt­er, der erklärt, man müsse sich anpassen. Als Nächstes wird wohl die Sound- und Light-Show im Karnak-Tempel auf Chinesisch angeboten.

In seiner kleinen Reiseagent­ur gibt Mamdouh telefonisc­he Auskunft über mögliche Ausflüge. Die Bootsfahrt zum Dendera-Tempel etwa ist mangels Nachfrage seit vier Jahren gestrichen. Die Krise im ägyptische­n Tourismus lässt sich an seinem Geschäft ablesen. In den besten Zeiten, das heißt im Jahr 2010, beschäftig­te sein Büro zwölf Mitarbeite­r, heute sind sie zu zweit. Wer seine Arbeit verlor, hätte sich in einer Fabrik oder in der Landwirtsc­haft ein Auskommen suchen müssen, weiß Mamdouh. Auch er spürt, dass das Geschäft jetzt zu Beginn der Hochsaison im Gegensatz zu den beiden Vorjahren wieder anzieht. Er bleibt vorsichtig optimistis­ch, denn in den vergangene­n Jahren mit den politische­n Turbulenze­n gab es ein ständiges Auf und Ab.

Vor allem die Deutschen seien nach Luxor zurückgeke­hrt, dann auch die Spanier, und von den Franzosen gebe es Reservieru­ngen gegen Weihnachte­n, sagt Mamdouh. Etwa 50 der rund 300 NilSchiffe sind wieder in Betrieb und fahren regelmäßig die Strecke zwischen Luxor und Assuan.

Kleine profitiere­n nicht

Dass immer mehr Chinesen nach Luxor kommen, freut natürlich auch den Leiter der Reiseagent­ur, allerdings beleben sie das Geschäft kleiner Läden und Tourismusu­nternehmen kaum. „Sie kommen nur in Gruppen, die sie nie verlassen. Alles ist bereits im Ausland organisier­t. Für uns fällt da nichts ab“, erklärt Mamdouh. Sollten die Flüge nach Russland wieder aufgenomme­n werden, die seit dem Absturz eines russischen Ferienflie­gers nahe Sharm El-Sheikh im November 2015 ausgesetzt wurden, würden auch wieder mehr russische Tagestouri­sten vom Roten Meer nach Luxor kommen.

Trotz erster Anzeichen eines Aufschwung­s ist das touristisc­he Angebot immer noch viel größer als die Nachfrage, was den Preisdruck erhöht. Die Calèches bieten schon für fünf ägyptische Pfund (etwa 25 Cent) eine kurze Fahrt in der Stadt an. Der tiefe Preis hat immerhin zur Folge, dass vermehrt auch Einheimisc­he die Pferdekuts­che als alltäglich­es Transportm­ittel nützen können. Für 25 Pfund kann man in einer Felucca eine Stunde auf dem Nil segeln; in guten Zeiten mussten die Gäste das Drei- oder Vierfache auslegen.

Die Statistike­n belegen den Aufwärtstr­end. In den ersten neun Monaten 2017 ist die Zahl der Touristen um 55 Prozent gestiegen, die Einnahmen verdoppelt­en sich. Die Touristen geben wieder 88 Dollar pro Tag aus. Bis Jahresende wird mit rund acht Millionen Besu- chern gerechnet. Die Branche sorgt wieder für etwa neun Prozent der ägyptische­n Wirtschaft­sleistung. Ägypten gehört in diesem Jahr weltweit zu einem der am schnellste­n wachsenden Märkte. Der Rekordwert von 14,7 Millionen aus dem Jahr 2010 ist damit bei weitem nicht erreicht. Damals strömten 3,5 Millionen Menschen durch den Karnak-Tempel, am Tiefpunkt der Krise 2015 waren es nur noch 250.000. Das Tourismusm­inisterium wirbt weltweit, um das Land der Pharaonen anzupreise­n.

Die beste Werbung für Luxor sind auch 200 Jahre nach der Entdeckung des Grabes von Tutanchamu­n Nachrichte­n von spektakulä­ren archäologi­schen Funden, die heuer besonders zahlreich waren – allen voran ein intakter Begräbnisg­arten in Dra Abu el-Naga aus der 18. Dynastie und eine über 2,5 Meter große Statue aus schwarzem Granit von Amenhotep III.

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 ??  ?? Touristen aus dem Reich der Mitte sind in Luxor herzlich willkommen, sie tragen zum Aufschwung des für Ägypten so wichtigen Fremdenver­kehrs bei. Wohl wirbt das Land am Nil weltweit mit neuen archäologi­schen Funden, vom Rekord im Jahr 2010 ist man aber...
Touristen aus dem Reich der Mitte sind in Luxor herzlich willkommen, sie tragen zum Aufschwung des für Ägypten so wichtigen Fremdenver­kehrs bei. Wohl wirbt das Land am Nil weltweit mit neuen archäologi­schen Funden, vom Rekord im Jahr 2010 ist man aber...

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