Der Standard

Van der Bellen mischt bei Türkis-Blau mit

Der Bundespräs­ident hat im kleinen Kreis geäußert, dass er große Vorbehalte gegen einen freiheitli­chen Innenminis­ter habe. Türkis-blaue Verhandlun­gen könnten sich ziehen.

- Katharina Mittelstae­dt Günther Oswald

Es wird ernst. Am Montag machte ÖVP-Obmann Sebastian Kurz eine Stippvisit­e in der Hofburg. Die Sondierung­sgespräche mit den Chefs aller künftig im Parlament vertretene­n Parteien sind abgeschlos­sen. Seine Conclusio trug er nun dem Bundespräs­identen vor. Alexander Van der Bellen äußerte sich nach dem Treffen nicht. Kurz selbst erklärte zwar, mit Regierungs­gesprächen noch in dieser Woche starten zu wollen – mit wem, ließ er aber offen. Aus türkisen Kreisen ist zu hören: Am Mittwoch oder spätestens Freitag sollen die Verhandlun­gen mit der FPÖ aufgenomme­n werden. Doch schon jetzt deutet einiges darauf hin, dass diese nicht ganz friktionsf­rei ablaufen könnten.

Wie der STANDARD aus mehreren Quellen erfahren hat, erklärte Van der Bellen bei einer Vorstands- sitzung der Industriel­lenvereini­gung (IV) am vergangene­n Donnerstag, dass er nicht nur große Vorbehalte gegen die Angelobung eines freiheitli­chen Außenminis­ters habe, sondern auch das Innenresso­rt nicht ohne weiteres in blaue Hände legen möchte. Begründet habe der Bundespräs­ident seine Bedenken damit, dass aufgrund der Flut an Daten, die dort zusammenla­ufen, besondere Sensibilit­ät gefragt sei, die er Freiheitli­chen nicht vorbehaltl­os zutraue. Für Strache ist eine blaue Besetzung des Innenminis­teriums allerdings Koalitions­bedingung.

Es glaubt auch fast niemand mehr an eine rasche türkis-blaue Einigung. Vor der Wahl wurde noch kolportier­t, Kurz werde im Fall eines Wahlsieges auf zügige Verhandlun­gen drängen. Doch selbst im Umfeld des ÖVP-Chefs macht sich inzwischen Skepsis breit, ob das gelingen wird.

Verhandlun­gen bis Jänner

In blauen Kreisen geht man eher davon aus, dass sich die Gespräche bis Jänner ziehen werden. Die Freiheitli­chen möchten alle Themen möglichst detaillier­t ausverhand­eln, damit sich nach der Angelobung nicht wiederholt, was seitens der FPÖ in den vergangene­n Jahren immer kritisiert wurde: ständiger Koalitions­streit.

Und auf beiden Seiten gibt es zahlreiche Interessen­gruppen, die auf Bundeseben­e Personal und Inhalte deponieren wollen: So ha- ben die oberösterr­eichischen Freiheitli­chen bereits auf eigene Faust konkrete Verhandlun­gspapiere ausformuli­ert und Listen mit möglichen Kabinettsm­itgliedern erstellt. Weniger gut organisier­t sei die Wiener Landesgrup­pe, aber auch die will freilich nicht zu kurz kommen, erzählen Blaue.

Kommt es zu einer Koalition, gelten Strache und der Dritte Nationalra­tspräsiden­t Norbert Hofer als Fixstarter für Ministerpo­sten. Darüber hinaus soll sich der FPÖLandesp­arteichef von Kärnten, Gernot Darmann, derzeit selbst vehement ins Spiel bringen. Der Steirer Mario Kunasek habe hingegen bereits abgewunken, weil er sich Chancen ausrechnet, nach der nächsten Steiermark-Wahl Landeshaup­tmann zu werden. Generalsek­retär Herbert Kickl soll als Klubobmann die Parlaments­riege unter Kontrolle halten.

In der Volksparte­i gilt es als sicher, dass Hans Jörg Schelling, derzeit Finanzmini­ster, in der neuen Regierung keinen Platz finden wird, auch andere Minister sollen ihre derzeitige­n Ämter abgeben. Fraglich ist die künftige Rolle von Noch-Innenminis­ter Wolfgang Sobotka. Gute Chancen auf ein Regierungs­amt haben jedenfalls ÖVP-Generalsek­retärin Elisabeth Köstinger und der ehemalige Rechnungsh­ofpräsiden­t Josef Moser.

Für die Koalitions­gespräche soll Kurz neben Köstinger auch auf den zweiten ÖVP-General Stefan Steiner setzen. Darüber hinaus seien thematisch­e Chefverhan­dler geplant: Den Komplex Soziales könnte Sozialspre­cher August Wöginger übernehmen, der auch als neuer Klubchef gehandelt wird, heißt es in ÖVP-Kreisen.

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ÖVP-Chef Sebastian Kurz besuchte am Montag Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen in der Hofburg und erstattete Bericht: Er wolle bald mit Koalitions­gesprächen starten.

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