Fünfzehnjähriger: „Die könnt’ ich erschlagen“
Nachdem ein 15-Jähriger einen Amoklauf an seiner ehemaligen Schule geplant haben soll, musste er sich am Landesgericht Wels verantworten. Zumindest von diesem Vorwurf sprach man ihn – nicht rechtskräftig – frei.
Wels – Es sei die „beschissenste Zeit“in seinem bisherigen Leben gewesen. Florian D. hat ganz offensichtlich wenig gute Erinnerungen an die Jahre in der Neuen Mittelschule in der kleinen Gemeinde Ohlsdorf nahe Gmunden. Man habe ihn ständig gemobbt: „Vor allem wegen meinem Übergewicht. Und weil ich nicht im Dialekt rede.“
Auch vor Richter Wolfgang Brandmair drückt sich der 15Jährige in perfektem Hochdeutsch aus. Der Schliff der Sprache will nicht so recht zum übrigen Erscheinungsbild passen: Den Kopf ziert nur ein schmaler Haarstreifen, den gut genährten Körper umhüllt ein Jogginganzug, dazu am unteren Ende Badeschlapfen. Regungslos hört Florian D. den Ausführungen von Staatsanwalt Günter Diplinger zu. Und die Liste der Anklagebehörde ist an diesem Montagvormittag am Landesgericht Wels umfassend: zweifache Morddrohung, NS-Wiederbetätigung, Besitz von Kinder- pornos und illegaler Waffenbesitz. Was Verteidiger Werner Tomanek nicht davon abhält, den Geschworenen seinen jungen Mandanten als „hochpubertierenden einsamen Bua, der schwer Anschluss gefunden hat“, vorzustellen.
Ende Juni des Vorjahres neigt sich auch die Schule in Ohlsdorf dem Ende zu. Aktive und ehema- lige Schüler treffen sich auf dem Vorplatz der Schule. Darunter auch Florian D., der zu diesem Zeitpunkt bereits das Poly in Gmunden besucht. Und an diesem Tag entsprechend geladen ist: Die Polizei hat ihn im Visier, da er mit einem Feuerzeug ein Haken- kreuz in einen Tisch nahe der Schule eingebrannt und das NSSymbol auf einen Stein und einen Strauch geschmiert haben soll.
„Er ist mit dem Moped zur Schule gekommen und hat uns wütend gefragt: ‚Welche Schwuchtel hat mich bei der Polizei verpetzt?‘“, berichtet ein Mitschüler, der als Zeuge geladen ist. Dann soll Flo- rian D. einen Amoklauf in der Schule angekündigt haben. Er werde mit der Schrotflinte des Stiefvaters und 47 Stück Munition ins Lehrerzimmer gehen und drei Pädagogen „wegputzen“, erinnern sich die Mitschüler an die Worte des Beschuldigten. Er habe gesagt, „zwei Patronen sind für den Lehrer B., dann werde er noch zwei Lehrer töten, anschließend durch die Klassen gehen und die, die ihn verraten haben, umbringen.“Die letzte Kugel sei für ihn selbst.
Florian D. steht vor Gericht zu den Hakenkreuzschmierereien, auch Naziausweise, auf denen er sich selbst als „Führer“bezeichnete, habe er angefertigt. Die Kinderpornofotos? Ja, sie seien auf seinem Rechner gewesen – „aber keine Ahnung warum“. Und das illegale Messer mit integriertem Schlagring? „Ich bin ein Waffenfan.“Aber die Amoklaufankündigung habe es so nie gegeben: „Wir haben über die Lehrer geschimpft. Und ich hab’ gesagt, die könnt’ ich erschlagen – mehr nicht.“Faktum ist aber, dass die Mitschüler es mit der Angst zu tun bekamen und das Lehrpersonal informierten.
Gerichtspsychiater Ernst Griebnitz hält D. für zurechnungsfähig. Es liege keine Geisteskrankheit vor, er sei aber als „gefährlich“einzustufen. Er empfahl die Einweisung in eine Anstalt oder eine „engmaschige psychiatrische Betreuung zu Hause“. Das nicht rechtskräftige Urteil: Freispruch vom Amokvorwurf, fünf Monate bedingt für Wiederbetätigung und illegalen Waffenbesitz und verpflichtende Therapieauflagen.