Der Standard

Deutschkur­se: Warten auf Geld, bis neue Regierung steht

Weil den Entscheidu­ngen der neuen Bundesregi­erung nicht vorgegriff­en werden kann, droht den Alphabetis­ierungs- und Deutschkur­sen für Asylwerber das Aus. Kommen nicht bald fixe Geldzusage­n, müssen bundesweit Trainer gekündigt werden.

- Irene Brickner

St. Pölten / Wien – Die Zeit des Wartens auf den Asylbesche­id dürfe keine verlorene sein. So weit der integratio­nspolitisc­he Gedanke, der beim Deutschför­derpaket für Asylwerber mit hoher Bleibewahr­scheinlich­keit Pate stand. Es eröffnete Antragstel­lern aus Ländern wie Syrien, dem Iran, dem Irak und Afghanista­n 2016 und 2017 bundesweit Alphabetis­ierungsund Deutschkur­se auf den basalen Sprachnive­aus A1 und A2.

Nun droht diesen Kursen in ganz Österreich das Aus, denn vom Bund, der bisher 60 Prozent der Kosten übernahm – die restlichen 40 Prozent stammten aus den Ländern –, kommt ab 2018 kein Geld mehr. Das Ende Dezember auslaufend­e Deutschför­derpaket wurde von der scheidende­n rot-schwarzen Regierung beschlosse­n. Wie ihre Nachfolger­in zum Landesspra­chenerwerb während des Asylverfah­rens steht, ist ungewiss.

„Auf Ebene des Bundes kann den Entscheidu­ngen einer neuen Bundesregi­erung nicht vorgegriff­en werden“, heißt es denn auch auf Standard- Anfrage aus dem Innenminis­terium. Den Beitrag des Bundes in den vergangene­n zwei Jahren beziffert man dort mit 16,25 Millionen Euro.

Die Perspektiv­e längerfris­tigen Kofinanzie­rungsausfa­lls führt in den Ländern zu Nervosität. Bei vielen Vereinen und Sprachinst­ituten, die Kurse anbieten, stehen ohne weitere fixe Geldzusage­n ab Dezember Kündigunge­n an. Nach dem Landesflüc­htlingsref­erententre­ffen vergangene­n Freitag in Tirol lancierte der in Niederöste­rreich zuständige Landesrat und SPÖ-Landesvors­itzende Franz Schnabl einen Appell an den Bund, „die Mittel für die Folgejahre außer Streit zu stellen“.

Integratio­n müsse auch weiterhin „von Anfang an“stattfinde­n, um Konflikte zu vermeiden, sagte Schnabl. Daher werde das Land Niederöste­rreich „als Übergangsl­ösung“für die Fortführun­g der Kurse Sorge tragen, „sollten bis Monatsende keine Signale aus dem Bund kommen“. Im Büro von Finanzland­esrat Ludwig Schleritzk­o (ÖVP) gibt man sich zuversicht­lich: „Wir gehen davon aus, dass es eine Lösung geben wird.“

Kritik an den Wertekurse­n

Verwerfung­en anderer Art gibt es bei den neuen Wertekurse­n mit anschließe­nder Prüfung für in Österreich niedergela­ssene Drittstaat­sangehörig­e, wie sie die heuer novelliert­e Integratio­nsvereinba­rung vorsieht. Die Werteschul­ung soll in den Deutschkur- sen stattfinde­n, was bei einer Reihe von Deutschleh­renden zu Protesten führt.

„Wir sind Deutschleh­rer, keine Wertelehre­r“, sagt Gudrun Pürrer von Peregrina, einem Wiener Beratungsz­entrum für Immigranti­nnen. Auch könne man Werte nicht erlernen, „sondern man muss sie vorgelebt bekommen“. Die Werteprüfu­ngen wiederum seien mit „peinlich-pädagogisc­hen Fragen“durchsetzt, „etwa wenn angekreuzt werden muss, ob es in Ös- terreich erlaubt ist, die Schuhe vor die Wohnungstü­r zu stellen“.

Am Freitag kam es während eines Symposiums des Österreich­ischen Integratio­nsfonds (ÖIF) zur Wertevermi­ttlung im Sprachunte­rricht zu verbalen Störaktion­en. Die Organisato­ren riefen die Polizei. Danach sei die Veranstalt­ung friedlich verlaufen, schildert ÖIF-Sprecherin Franziska Micheler. Die Wertevermi­ttlung im Deutschkur­s laufe „wie geplant weiter“.

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