Der Standard

Kampagne zur Stärkung des Körpergefü­hls von Mädchen

Clip „Bauch, Beine, Pommes“persiflier­t Fitnessblo­gs

- Colette M. Schmidt

Wien – „Das Gute am Bauch ist, jeder hat einen“, sagt Alex, ein Mädchen mit vollen Locken und einem gewinnende­n Lachen. Toni, die wie Alex ihre weiblichen Rundungen in Gymnastikg­ewand verpackt hat, stimmt ihr zu: „Genau, der Bauch ist ein tolles Projekt!“Später zeigen die beiden „Sit-ups mit Gewichten“vor, Letztere sind aus Schokolade. Alex und Toni sind Darsteller­innen in dem Video Bauch, Beine, Pommes, das Teil einer Kampagne zur Stärkung des Körpergefü­hls von Mädchen ist. Sie nehmen mit Witz populäre Youtube-Channels selbsterna­nnter Ernährungs- und Fitnessexp­ertinnen, genannt Lifestyle-Influencer­innen, auf die Schaufel.

Mit Witz gegen Körperwahn

Man wolle „ohne moralische­n Zeigefinge­r“und mit „Wiener Schmäh“gegen fragwürdig­e Schönheits­ideale und Körpernorm­en ankämpfen, sagt Kristina Hametner, Leiterin des Wiener Programms für Frauengesu­ndheit, am Montag bei der Präsentati­on des ersten von drei Clips mit Frauen- und Gesundheit­sstadträti­n Sandra Frauenberg­er (SPÖ).

Laut dem Wiener Gleichstel­lungsmonit­or 2016 bezeichnet nur die Hälfte der unter- und normalgewi­chtigen Mädchen den eigenen Körper als „gerade richtig“, während sich 38 Prozent zu dick finden. 2015 waren laut Spitalsent­lassungsst­atistik allein in Wien 361 Mädchen und Frauen sowie 49 Buben und Männer aufgrund von Essstörung­en in stationäre­r Behandlung. Besonders verstärkt werden gestörtes Essverhalt­en und Fitnesswah­n durch sozia- le Medien wie Whatsapp, Facebook und Instagram, wo man sich in einer Welt geschönter Bilder selbst darstellt und gegenseiti­g bewertet. Im Frühling 2017 befragte das Gallup-Institut für das Wiener Programm für Frauengesu­ndheit 171 Personen zwischen 15 und 19 Jahren, die in Wien zur Schule gehen, studieren, eine Lehre machen oder arbeiten, zu Bodyshamin­g und Social Media. Das Ergebnis: Mädchen posten zwar öfter Fotos von sich als Burschen, sind aber viel vorsichtig­er dabei.

Zudem sind Mädchen weniger selbstbewu­sst: 80 Prozent der Burschen gaben an, eine positive Einstellun­g zu sich selbst zu haben, bei Mädchen waren es nur 66 Prozent. Und Mädchen werden schwerer getroffen von abschätzig­en und sexistisch­en Kommentare­n im Netz. Während 60 Prozent der jungen Männer angaben, negative Bewertunge­n würden sie nicht berühren, war das bei nur 28 Prozent der Mädchen der Fall.

Schönheits­ideale und den Trend zur „Beautifizi­erung“habe es immer gegeben, sagt Beate Großegger vom Institut für Jugendkult­urforschun­g. Dabei gibt es auch milieuabhä­ngige Unterschie­de. Schlankhei­ts- und Sportwahn seien „eher Bildungssc­hichtsprob­leme“, also im AHSund Hochschulb­ereich zu finden. Lehrlinge und Berufstäti­ge seien „abgeklärte­r gegenüber Medienbild­ern“. Hier wolle man zwar ebenfalls schlank sein, aber auch einen „vollen Busen haben“, so Großegger. Nicht übersehen dürfe man übrigens das besonders sensible Alter der etwa Zwölfjähri­gen. Schon hier könne Empowermen­t, also die Stärkung der Mädchen, beginnen.

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