Der Standard

„Tarpaulins“: Die Kunst der Termiten

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„I don’t think they’re gonna take over Los Angeles.“Die kalifornis­che Metropole ist also zum Glück nicht in Gefahr, doch solange dort Häuser aus Holz gebaut werden, muss man sie gegen den winzigen, aber unnachgieb­igen Feind beständig verteidige­n – Termiten.

In ihrem Langfilmde­büt Tarpaulins widmet sich die Wiener Filmemache­rin und Künstlerin Lisa Truttmann den Auswirkung­en der Abwehrmaßn­ahmen: Bunte, meist gestreifte Zelte werden à la Christo über ganze, teils mehrstöcki­ge Häuser gestülpt, um anschließe­nd die kleinen Zirkuszelt­en ähnelnden Gebäude vom Ungeziefer zu befreien.

Doch die titelgeben­den Tarpaulins bilden nur einen von mehreren Erzählsträ­ngen, die Truttmann souverän miteinande­r verwebt. Da gibt es selbstvers­tändlich die Geschichte dieses sein Leben lang in kompletter Dunkelheit existieren­den Insekts zu erzählen, während die mexikanisc­hen Arbeiter auf den Leitern und Dächern selbst wie Ameisen wirken.

Anstelle von herkömmlic­hen Interviews lässt Truttmann unterschie­dlichste Stimmen nur auf der Tonebene miteinande­r ins Gespräch kommen: Insektolog­e, Kammerjäge­r, Medienhist­oriker, Städteplan­er. Wie ein Chor geleiten uns ihre kurzen Erzählunge­n, Kommentare und Anekdoten durch diesen klug montierten Essayfilm, der immer wieder in spielerisc­her Form die Größenverh­ältnisse von Mensch und Insekt, von Stadt und Bau, von Haus und Kammer in Beziehung stellt.

So erinnert Tarpaulins selbst an einen Termitenfi­lm, wie der Essayist Manny Farber das Minoritäte­n-Kino beschrieb: angetriebe­n von der Neugierde sich immer neue Wege suchend. (pek) 26. 10., 18.30, Urania 30. 10., 15.30, Metro

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Foto: Viennale Schutz vor den kleinsten Feinden Hollywoods.

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