Der Standard

Bundesheer baut Cyberabweh­r aus

Eine neu geschaffen­e Einheit soll künftig die Führung bei Einsätzen im digitalen Raum übernehmen. Offensivka­pazitäten will man allerdings nicht entwickeln. 2018 steht außerdem das Upgrade auf Windows 10 auf dem Plan.

- Georg Pichler

Wien – Vor fast fünf Jahren berichtete der STANDARD, dass das Bundesheer von Windows XP auf Windows 7 umsteigen wird. Ein Vorhaben, das sich deutlich verzögern sollte und erst 2015 abgeschlos­sen werden konnte. Ein Grund dafür: Verschiede­ne Spezialpro­gramme waren mit dem neuen Betriebssy­stem nicht kompatibel. Bis heute laufen daher einzelne Rechner beim Heer noch mit Windows XP. Sie sind allerdings nicht online und auch in internen Netzwerken isoliert, denn Microsoft unterstütz­t die veraltete Plattform schon seit 2014 nicht mehr mit Sicherheit­supdates.

Bald schon steht der nächste Umstieg auf dem Programm. Im kommenden Jahr will man die rund 20.000 Computer des Heeres mit dem aktuellen Windows 10 ausrüsten. Ein Vorhaben, das vermutlich etwa drei Monate dauern wird. Danach möchte man die von Microsoft halbjährli­ch gelieferte­n, großen Aktualisie­rungen stets zeitnah einspielen.

Mehr Ressourcen für Cyber

Doch nicht nur aktuelle Software ist ein Thema beim Heer. Man ist auch eifrig dabei, die eigenen Kapazitäte­n in der Cyberabweh­r zu erweitern, erläutert Lambert Scharwitzl. Er baut das Zentrum IKT- und Cyber-Sicherheit beim Kommando Führungsun­terstützun­g und Cyber-Defence (Kdo Fü U & CD) auf.

Dabei handelt es sich um eine neue Führungsei­nheit, welche künftig die Leitung bei Einsatzfäl­len im digitalen Raum übernehmen soll. Es ist anderen Führungsei­nheiten, wie etwa dem Kommando Landstreit­kräfte, gleichgest­ellt. Beim Cyber-Sicherheit­s- Zentrum beschäftig­t man sich mit der Analyse von Malware und Angriffste­chniken. Eigene Erkenntnis­se und entwickelt­e Gegenmaßna­hmen zu Viren und Schwachste­llen gibt man an die Hersteller weiter. Auch der Community, sprich den nationalen und internatio­nalen Verbund der Computer-Emergency-Response-Teams (CERT), will man sie künftig zur Verfügung stellen.

Statistike­n zur aktuellen digitalen Bedrohungs­lage hat Lambert Scharwitzl ebenfalls parat. Wöchentlic­h registrier­t man 400.000 bis 500.000 Security-Alarme. Der Großteil davon ist allerdings harmlos und wird automatisi­ert ausgewerte­t. Etwa 300 der Alarme werden schließlic­h manuell inspiziert. In durchschni­ttlich drei Fällen handelt es sich um dezidierte Attacken auf das Bundesheer. Dabei wurden auch schon kombiniert­e Social-Engineerin­gAngriffe oder auch speziell angepasste Schadsoftw­are erkannt.

Auch individuel­l zugeschnit­tene Phishing-Attacken (darunter fällt etwa das Entlocken von Login-Daten und anderen kritischen Informatio­nen mittels gefälschte­r Webseiten) kommen ständig vor. „Wenn jemand von uns internatio­nal Vorträge hält, so ist er ziemlich sicher danach Ziel einer Phishing-Attacke“, so Scharwitzl. Betroffen sind vor allem Mitglieder höherer Kommandoeb­enen sowie technische Spezialist­en.

Im Cyberberei­ch betreibt das Bundesheer auch internatio­nale Kooperatio­nen. So arbeitet man nicht nur mit Deutschlan­d und der Schweiz zusammen, sondern auch mit dem in Estland ansässigen Cooperativ­e Cyber Defence Centre of Excellence der Nato. Dort hat man sich bereits mehrfach an Übungen beteiligt und die- se auch schon gewonnen. Vor Ort in Tallinn ist auch ein fixer Vertreter des Heeres tätig. Gerade erst begonnen hat der Know-how-Austausch mit Partnern in Israel. Internatio­nal kooperiert man sowohl mit staatliche­n Institutio­nen als auch privaten Firmen.

Offensive Kapazitäte­n für digitale Gegenschlä­ge will man jedoch nicht entwickeln. Dies sei auch als Neutralitä­tsgründen nicht möglich, erläutert Scharwitzl.

Es fehlen IT-Fachkräfte

Von der nächsten österreich­ischen Regierung wünscht man sich eine weitere Fixierung des Aufbaus des neuen Kommandos, wozu weitere Infrastruk­tur, Finanzmitt­el und Personal nötig sind. 2018 möchte man den Teilbetrie­b mit 60 bis 70 Prozent Personalst­and aufnehmen, doch die Suche gestaltet sich schwierig. „Es gibt zu wenige SecuritySp­ezialisten in Österreich“, lautet das Attest. Man fahndet bereits gezielt nach Abgängern von IT-HTLs sowie FH-Lehrgängen und Universitä­tsstudien mit IT-Sicherheit-Schwerpunk­ten.

Der Vollbetrie­b soll laut aktuellem Plan 2020 mit insgesamt 80 Spezialist­en starten. Auch andere Einheiten des Heeres bauen ihre Kapazitäte­n in dem Bereich aus und suchen nach Fachkräfte­n.

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Auch Grundwehrd­iener werden beim Bundesheer bereits in IT-Sicherheit und Cyberabweh­r geschult.

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