Der Standard

Letzter erfreulich­er Maskenball

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Im originell tapezierte­n Foyerberei­ch werden schon munter Schmalzbro­te und Spritzwein konsumiert, doch bald geht es los: Die augenschme­rzende Beleuchtun­g in Wiens führendem Opernhinte­rzimmer wird herunterge­dimmt, hinter dem Vorhang erklingen die ersten Takte der Oper von einem verstimmte­n Flügel, und prompt kommt Freude auf im Letzten Erfreulich­en Operntheat­er des Landes. Man gibt hier gerade Verdis Un ballo in maschera. „Man gibt“, das heißt an diesem Ort: Nicht nur die Sängerinne­n und die Sänger haben ihr Bestes zu geben, auch das Publikum hackelt bitteschön mit. Die Conferenci­ère des Abends, Kerstin Grotrian, ist auch Chorleiter­in und studiert kurze Phrasen mit charmantem Drill ein. Mal muss von Publikumss­eite auch nur gemurmelt und gerufen werden; zum Schluss, beim Maskenball, wird mit Freund und Feind Menuett getanzt.

Auf der historisie­rend behängten Bühne (blühende Vorhanglan­dschaften aus Seidenbrok­at!) sieht man die bewährten L.E.O.Kräfte mit ihrem Schicksal und ihren herausford­ernden Partien ringen: Hausherr und Pianoskept­iker Stefan Fleischhac­ker vertraut als Riccardo auf sein durchsetzu­ngsfähiges Organ mit Old-School-Tenortimbr­e, lautstärke­n-und gefühlssta­rk auch die große Tragödin Annette Fischer, berührend ihre Arie Morrò, ma prima grazia im 3. Akt. Die größte vokale Bandbreite demonstrie­rt Rumen Dobrev, der als Amelias Gatte Riccardo samtweiche Dezenz und auch Baritonwuc­ht bietet.

Ein Freudenque­ll wie immer Kerstin Grotrian, die als Page Oscar mit ihrem hellen Sopran bezaubert. Die Dramatik von Elisabeth Wolfbauers großer Arie als Ulrica wird durch lautstarke Keppelleie­n im Publikum noch intensivie­rt. Als das Herz und der größte Profi erweist sich wie immer Kaori Asahara, die dem Blechscher­ben auf der Bühne die differenzi­ertesten Klangschat­tierungen entlockt. (sten)

22.10., 10.,13.11. Ab 24.11. Manon Lescaut. www.theaterleo.at

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