Als die Uhren noch anders tickten
Die ersten Minuten einer Vorführung verbringen Filmemacher gern mit gespannten Sinnen im Saal, um Ton und Projektion zu überprüfen. Da kann es auch Überraschungen geben, wie etwa bei US-Regisseur Dustin Guy Defa (Person to
Person): flickriges Bild, kleine Abnutzungsspuren. Die Freude war riesig, dass die Viennale die einzige 35-mm-Kopie des Films nach Wien geholt hatte.
Es ist durchaus selten geworden, dass Filmfestivals ihrem Namen in technischer Hinsicht noch gerecht werden und analog projizieren, sofern möglich. Auf der Viennale hält man diese Tugend nicht nur hoch, mit dem Programm „Analog Pleasure“gibt man sich auch dezidiert dieser Kunstform hin und zeigt etwa Filme des US-Avantgardisten Bruce Connor oder die 70-mm-Kopie von Paul Thomas Andersons fiebrigem Epos The Master.
Dustin Guy Defa ist übrigens nicht der einzige zeitgenössische New Yorker Filmemacher auf der Viennale, der auf Film- material dreht – das tun auch die Safdie-Brüder (Good Time), Eliza Hittman (Beach Rats) oder Alex Ross Perry (Golden
Exists) –, nicht zuletzt aus Gründen der Wertschätzung für eine Ära, in der die Uhren noch anders tickten.
Womit wir elegant einen Übergang zu jenem Museum hergestellt haben, das Perry und Defa in Wien gemeinsam besuchten: das Uhrenmuseum. Die Liebe zum Analogen, sie ist wie andere auch etwas flatterhaft.