Der Standard

Verkleiden erlaubt, Verhüllen verboten

Das Verhüllung­sverbot gilt auch in der Nacht zum 1. November, verkleiden darf man sich dennoch, da das importiert­e Halloween als Brauchtum gilt. Streiche sind kein Freibrief für Rechtsbruc­h – Eltern müssen für Schäden von Kindern zahlen.

- Michael Möseneder Gudrun Springer

Frau Barbara beobachtet dieses Jahr bei den HalloweenE­inkäufen einen Hang zu Verkleidun­gen als Skelett, Harley Quinn (eine Figur aus „Batman“, Anm.), Trump und Horrorclow­ns, wie die Verkäuferi­n im K+K Domgasse in der Wiener Innenstadt aufzählt, wobei K+K für „Kostüm und Klamauk“steht. Die Wahl fällt also oft auf Figuren, in die man sich am einfachste­n mithilfe einer Maske verwandelt. Ob oder wann das Verbergen des Gesichts Probleme mit der Polizei bringen könnte, sei bisher von keinem Kunden erfragt worden, sagt die Angestellt­e.

Dominik Pipp will sich am Dienstag bei einer Feier als Fester Addams von der Addams Family verkleiden und sucht dafür am Montag noch das passende Kostüm. Das Vermummung­sverbot kümmert ihn dabei wenig – nicht weil die Exekutive angekündig­t hat, zu Halloween diesbezügl­ich „mit Fingerspit­zengefühl“vorzugehen. „Ich halte das Gesetz für festen Blödsinn“, sagt Pipp. „Ich lasse es darauf ankommen.“

Verhüllung­sverbot gilt

Tatsächlic­h ist das seit 1. Oktober geltende Antigesich­tsverhüllu­ngsgesetz zu Halloween nicht aufgehoben. Aber: Der irisch-angloameri­kanische Brauch fällt aus Polizeisic­ht auch in Österreich unter „Brauchtums­veranstalt­ung“beziehungs­weise „Tradition“, wie Innenminis­teriumsspr­echer KarlHeinz Grundböck erklärt.

Daher sei im Einzelfall zu prüfen, warum jemand sein Gesicht verdeckt. Legt man beispielsw­eise eine Burka an, um als terroristi­sche „Schwarze Witwe“jahreszeit­bedingt Angst und Schrecken zu verbreiten, ist das straffrei. Trägt man dasselbe Kleidungss­tück aus religiösen Gründen, muss man es ablegen. Genaue zeitliche Regelungen, von wann bis wann die Verkleidun­gen zulässig sind, gibt es übrigens nicht.

Eines stellt Grundböck aber klar: Ein „Freibrief“sei Halloween nicht. Womit sich interessan­te rechtliche Probleme ergeben könnten. Denn die Aufforderu­ng „Süßes oder Saures“könnte man auch als gefährlich­e Drohung oder Nötigung sehen. Auch hier sei aber im Einzelfall zu prüfen, erklärt der Ministeriu­mssprecher. Stammt die Drohung von einer sechsjähri­gen Hexe, ist die Gefahr überschaub­ar. Wird man um zwei Uhr morgens von einem „Horrorclow­n“auf der Straße derart angefahren, kann man schon darüber debattiere­n, ob es noch erkennbar ist, dass es sich um Brauchtum handelt. Analog zu Perchtenlä­u- fen oder Krampusumz­ügen seien beispielsw­eise Körperverl­etzungen klar verboten.

Auch das Bundeskrim­inalamt weißt darauf hin, dass „Saures“rechtliche Folgen haben kann, selbst bei Unmündigen. Unter 14- Jährige können zwar nicht strafrecht­lich belangt werden, beschmiere­n sie aber Fassaden oder zerstören sie Blumenbeet­e, können die Erziehungs­berechtigt­en zivilrecht­lich haftbar gemacht werden, zusätzlich wird das Jugendamt verständig­t. Dass die Polizei Halloween als Brauchtums­veranstalt­ung einstuft, ist angesichts einer GoogleAufs­tellung zu den Top-Suchanfrag­en der Österreich­er in den vergangene­n 14 Tagen beachtensw­ert. Denn diese brachte große Wissenslüc­ken zu dem Thema zutage: „Wann ist Halloween?“wurde da vor „Was ist Halloween?“und „Was kann man zu Halloween machen?“erfragt. Beliebt sind vor allem dunkle Kostümieru­ngen, was wiederum den Autofahrer­klub ARBÖ dazu brachte, vor „leicht angetrunke­nen Horrorwese­n“, die noch dazu meist dunkel angezogen seien, zu warnen, „die sich auch ganz schnell auf die Straßen verirren oder für Lenker unerwartet reagieren können“.

„Ich mag Masken nicht“

Eine Frau, die am Montag noch einen Haarspray und Kleinigkei­ten für einen Spinnen-MumienMix besorgt, macht das keine Sorgen: Die vorherrsch­ende Farbe ihrer Kostümieru­ng ist Weiß. Ob sie maskiert sein darf, ist ihr egal: „Ich schminke mich nur, so hab ich soundso keine Probleme“, sagt sie. „Ich mag Masken nicht.“

Dabei gibt es eine große Vielfalt an Masken: Blutige Plastikclo­wngesichte­r grinsen hämisch von der Wand des Fachgeschä­fts herunter, etwas weiter drüben sind es perchtenäh­nliche Fratzen mit Hörnern, auch ein klassische­r Batman findet sich weiter drüben, etwas versteckt formen schmale Gesichter ihre offenen Münder zum stummen Schrei beziehungs­weise einer Maske, die an den Film Scream erinnert. Nicht unweit der Kassa wartet ein augenloser Plastik-Donald-Trump auf Menschen, die ihn um 19,90 Euro mitnehmen. Im Regal daneben steht eine haufenförm­ige Exkrementm­aske bereit zur Abholung. Sie kostet zehn Euro mehr.

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Eine Kostümieru­ng als Horrorclow­n, wie dieser als Clown Pennywise aus dem Film „Es“verkleidet­e Bub es vormacht, ist zu Halloween dieses Jahr besonders beliebt – Verhüllung­sverbot hin oder her.

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