Der Standard

Lesekompet­enz hilft im Wettbewerb mit Robotern

Für Jobs in Zeiten der Digitalisi­erung sind laut einer neuen Wifo-Studie die Basiskompe­tenzen Lesen, Schreiben und Rechnen wichtig. An diesen fehlt es den Schülern in Österreich­s Bildungssy­stem aber oft. Investitio­nen müssen her, sagt Wifo-Chef Badelt.

- Lisa Kogelnik

Wien – Vor 20 Jahren hatte noch jeder zweite Österreich­er einen Job, in dem er manuell arbeitete. Heute sind es nur mehr 40 Prozent, und der Anteil sinkt weiter. Der Arbeitsmar­kt verändert sich, und Hauptgrund dafür ist die Digitalisi­erung.

Damit die Österreich­er weiterhin einen Job finden, muss sich auch das Bildungssy­stem ändern, stellt die Studie „Österreich 2025 – Die Rolle ausreichen­der Basiskompe­tenzen in einer digitalisi­erten Arbeitswel­t“des Wirtschaft­sforschung­sinstituts (Wifo) und der Hannes-Androsch-Stiftung bei der Österreich­ischen Akademie der Wissenscha­ften fest.

Schon jetzt zeigt sich: Wer über wenig formale Bildung verfügt, ist eher arbeitslos, und dieser Trend hat sich in den letzten Jahren massiv verstärkt. Waren 1990 noch neun Prozent der Männer mit höchstens Pflichtsch­ulabschlus­s arbeitslos, waren es 2016 rund 28 Prozent. Bei Frauen stieg der Wert nicht gar so stark von neun auf 24 Prozent.

Probleme beim Lesen

Gleichzeit­ig hat das österreich­ische Bildungssy­stem erhebliche Probleme, vor allem bei den Leseund Mathematik­fähigkeite­n der Schüler. 2013 erreichten über 40 Prozent der Buben und über 30 Prozent der Mädchen am Ende der Volksschul­e die vorgegeben­en Bildungszi­ele im Lesen nicht. In Mathematik waren es rund ein Viertel der Mädchen und ein Fünftel der Buben.

Dabei sind die Basiskompe­tenzen wie Lesen, Schreiben und Rechnen laut den Studienaut­orinnen Julia Bock-Schappelwe­in und Ulrike Huemer ein „unverzicht­barer Grundstein“für die weitere Schul- und Berufskarr­iere, vor allem in Zeiten der Digitalisi­erung.

Auch wenn Roboter Menschen in ihren Jobs ersetzen: Manche Fähigkeite­n haben sie zumindest jetzt noch nicht, und genau die sind es, die man am zukünftige­n Arbeitsmar­kt brauchen wird. Laut der Studie sind das das Verstehen und Kommunizie­ren von Informatio­nen, das Lösen unstruktur­ierter Probleme und das Durchführe­n manueller Tätigkeite­n, die keiner Routine folgen. Ohne lesen und rechnen zu können, wird man sich diese Fähigkeite­n aber nicht aneignen können.

Die Antwort laut Wifo-Chef Christoph Badelt: „In Bildung investiere­n, in Bildung investiere­n, in Bildung investiere­n.“Dabei könne die Politik nicht früh genug ansetzen. Schon im Kindergart­en müsse man vor allem jene fördern, die zu Hause nicht die nötige Förderung der Eltern bekommen.

In seiner Funktion sei es ihm immer wichtig, auch auf Gegenfinan­zierung im Budget zu pochen, sagt Badelt. In Bildungsfr­agen würden sich die Inventione­n und eine Strukturre­form aber in jedem Fall rentieren, da „durch diese Strukturre­form verlässlic­h Mittel freiwerden“.

Teuer fürs Sozialsyst­em

Zudem drohen laut der Studie erhebliche Kosten etwa für das Sozialsyst­em, wenn die Basiskompe­tenzen bei den Arbeitskrä­ften fehlen. Wenn jemand nicht ausreichen­d lesen könne, sei an eine Fachqualif­ikation, die im heutigen Arbeitsmar­kt nötig sei, gar nicht zu denken, sagt Badelt. Auch eine Umschulung von Personen, die ihren Job aufgrund der Digitalisi­erung verlieren, sei dann nicht möglich. Die Folge: Der Staat hat höhere Ausgaben für Arbeitslos­e.

Die Studienaut­orinnen empfehlen der Politik, bereits in der Frühphase der Schulkarri­ere zu investiere­n, um Schwächen im Lesen und Rechnen vorzubeuge­n. Schulstand­orte mit „schwierige­n Ausgangssi­tuationen oder Problemen in der Kompetenzv­ermittlung“solle man mit zusätzlich­en finanziell­en Mitteln ausstatten und diese Investitio­nen evaluieren. Sie verweisen auf das System der indexbasie­rten Schulfinan­zierung.

Dabei bekommen jene Standorte mehr Geld, wo zum Beispiel mehr Schüler mit Migrations­hintergrun­d unterricht­et werden. Bereits umgesetzt wird diese Art der Finanzieru­ng in den Niederland­en.

Der Unternehme­r und ehemalige SPÖ-Politiker Hannes Androsch, dessen Stiftung die Studie mitfinanzi­ert hat, empfiehlt vor allem die Einführung der Ganztagssc­hule. Nur so könne die fehlende Chancengle­ichheit hergestell­t werden. Die kommende Regierung müsse in der Schulpolit­ik jedenfalls mit den „Blockaden aus scheinideo­logischen Gründen aufhören“, sagt Androsch: „Schulen sind für Schüler da und nicht für Lehrergewe­rkschafter und Landespoli­tiker.“

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