Der Standard

„Ausgrenzun­gen und Beleidigun­gen“

Benita Ferrero-Waldner zieht in Buch Bilanz über EU- Sanktionen gegen Schwarz-Blau

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Wien – Benita Ferrero-Waldner hat die Sanktionen, die die Staaten der Europäisch­en Union im Jahr 2000 nach der Bildung der schwarzbla­uen Regierung gegen Österreich verhängten, als Außenminis­terin miterlebt. In ihrem Buch Benita – Wo ein Wille, da ein Weg schreibt sie von „Einladunge­n, Ausladunge­n, Brüskierun­gen“.

Den EU-Sanktionen ist das längste Kapitel in dem Buch, das am Montagaben­d präsentier­t wurde, gewidmet. Von „Ausgrenzun­gen und Beleidigun­gen“ist die Rede. „Neun Monate, an Dramatik nicht zu überbieten“, lautet das Fazit der damaligen Außenminis­terin. Immerhin: Die Regierungs­mitglieder hätten „die Brüskierun­gen würdig durchgesta­nden“. Rückblicke­nd kritisiert Ferrero-Waldner, die Europäisch­e Union habe Österreich den Dialog verweigert und keine Erklärungs­möglichkei­t eingeräumt. Es wurde ein Exempel statuiert, ohne „Audiatur et altera pars“. Heute sei das Artikel-7Verfahren geltendes EURecht, mit Anhörung und Warnung.

Sie sei isoliert und „empörend behandelt“worden. Bei der Eröffnung der EU-Beobachtun­gsstelle für Rassismus und Fremdenfei­ndlichkeit in Wien im April 2000 war die österreich­ische Bundesregi­erung nicht eingeladen. FerreroWal­dner ging als zuständige Außenminis­terin uneingelad­en zum Festakt und wurde von Agenturche­fin Beate Winkler prompt öffentlich als „unerwünsch­t“deklariert.

Als OSZE-Vorsitzend­e im Sanktionsj­ahr erlebte Österreich­s Außenminis­terin „kühle Szenen“. „Franzosen, Belgier, aber auch Deutsche versuchten mich fertigzuma­chen.“Namentlich nennt sie Präsident Jacques Chirac, Premier Lionel Jospin und Europamini­ster Pierre Moscovici, der die „treibende Kraft“gewesen sei. Vonseiten der deutschen RotGrün-Regierung verweigert­e Bundeskanz­ler Gerhard Schröder ein Treffen mit Wolfgang Schüssel. Außenminis­ter Joschka Fischer brüskierte sie. Er entschuldi­gte sich später bei ihr, schreibt FerreroWal­dner. Aus der Union, vor allem der CSU, kamen dagegen Sympathieb­ezeugungen.

„Unmöglich“habe sich ihr belgischer Amtskolleg­e Louis Michel verhalten. Sein Sager vom „unmoralisc­hen Skifahren in Österreich“machte Schlagzeil­en. Auch von ihm kam später eine Entschuldi­gung. In der EU-Kommission hätten sie dann gut zusammenge­arbeitet, konstatier­t die Autorin. Skeptisch seien dagegen die Briten den Sanktionen gegenüberg­estanden.

Auf den EU-Gipfeln gab es ein Gezerre um Benehmen und Fotos: kein Händedruck mit österreich­ischen Ministern, kein „Familienfo­to“. Man suchte einen Ausweg, fand ihn im „Weisenrat“, der Österreich freisprach. Im Herbst 2000 trat Entspannun­g ein. Zuvor hatte Berlin die Verantwort­ung für die harte Haltung den Franzosen zugeschobe­n. Beim Treffen Schröder/Schüssel wurden die Sanktionen „herunterge­spielt“. Innenpolit­isch war „der unberechen­bare Sprücheklo­pfer Jörg Haider das Problem“. (APA) Benita Ferrero-Waldner, „Benita – Wo ein Wille, da ein Weg“, aufgezeich­net von Ewald König, Böhlau-Verlag

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Foto: EPA/Ruiz Benita FerreroWal­dner wurde „empörend behandelt“.

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