Jahrelang unbehelligt mit einem „Heil Hitler“-Bus unterwegs
Justiz sieht keinen Verstoß gegen NS-Verbotsgesetz – Der des zweifachen Mordes verdächtige Steirer noch flüchtig
Graz – Es war vor gut sechs Jahren, als der österreichische Medienkünstler Richard Kriesche einen vor der Grazer Burg, dem Sitz des Landeshauptmannes, parkenden Traktor fotografierte.
Auf dem Gefährt war ein Plakat mit dem Nazigruß „Heil Hitler“montiert. Kriesche bereitete zu diesem Zeitpunkt im Wiener Künstlerhaus gerade eine Ausstellung zum Thema „Kunst und Nationalsozialismus“vor. „Ich informierte natürlich sofort die Polizei, denn ich fand es unerträglich, dass vor dem Sitz der Landesrepräsentanz ein Traktor mit einem „Heil Hitler“-Aufruf stand. Noch mehr war ich verwundert, als das Fahrzeug am Tag darauf noch immer dort stand. Niemand hatte etwas unternommen. Auch nicht die Politik“, erinnert sich Kriesche im STANDARD- Gespräch. Das „Traktor-Bild“platzierte Kriesche schließlich auf die Rückseite seines Ausstellungskataloges. „Fast ahnend, dass die Geschichte weitergehen wird“, sagt Kriesche.
Das Plakat hatte später das Trägerobjekt gewechselt, in den letzten Jahren war Friedrich F. mit einem weißen „Hitler“-Kleinbus durch die Steiermark und Graz unterwegs. Der Wagen wurde jetzt in Stiwoll bei Graz entdeckt, nachdem die Polizei und Cobra seit Sonntag stundenlang danach gesucht hatte.
Von Friedrich F. fehlt noch jede Spur. Er wird dringend verdächtigt, in Stiwoll bei Graz eine 55 Jahre alte Frau und einen 64-jähriger Mann mit einem Gewehr getötet und eine weitere Frau schwer verletzt zu haben. Laut Polizeian- gaben: ein Nachbarschaftsstreit. Friedrich F. habe den Opfern aufgelauert und aus dem Hinterhalt geschossen.
„Schwierig“für Polizei
Von der Polizei wird Friedrich F. als „schwierig“und „amtsbekannt“bezeichnet. Friedrich F. überhäufte die Behörden mit Anzeigen, von Amtsbetrug und Fälschung war die Rede. Im Gegenzug ermittelte die Justiz auch wegen des Verstoßes gegen das Verbotsgesetz. Diese Verfahren wurden eingestellt. „Objektiv“, heißt es in der Grazer Staatsanwaltschaft, habe es den Tatbestand durch das „Heil Hitler“-Plakat zwar gegeben, „subjektiv“sei aber keine Wiederbetätigung im Sinne einer NS-Propaganda nachweisbar gewesen. Der Vorsatz habe gefehlt, denn der Verdächtige habe „glaubhaft“darlegen können, dass er mit dem „Heil Hitler“-Plakat „auf Missstände in der Justiz“hinweisen habe wollen, dass es dort zugehe „wie in der NS-Zeit“. „Rein strafrechtlich war nix“, heißt auf Standard- Nachfrage.
Friedrich F. ist auch im Netz sehr aktiv. Er betreibt einen eigenen Blog, sympathisiert mit extrem rechten, identitären Kreisen und ist auf Facebook auch mit blauen Freunden vernetzt.
Der Stiwoller Bürgermeister Alfred Brettenthaler appellierte am Montag im ORF-Steiermark an die Bevölkerung: „Seid wachsam, passt auf euch auf.“Die Gemeinde habe „auch eine Vorsorge für den Kindergarten und die Volksschule getroffen, sie sind auch am Dienstag geschlossen. Außerdem haben wir den Katastrophenfall ausgerufen“, sagte der Ortschef.