Der Standard

Die Mondlandun­g des Lewis Hamilton

Der Brite Lewis Hamilton ist zum vierten Mal Weltmeiste­r in der Formel 1. Den fünften Titel könnte der Mercedes-Pilot aus Stevenage bereits als „Sir“gewinnen. Es liegt nur an der Queen.

-

Mexiko-Stadt – Die Aussicht, von der Queen zum Ritter geschlagen zu werden, machte selbst Lewis Hamilton im Moment seines Triumphes kurz sprachlos. „Das wäre die größte Ehre überhaupt“, sagte der neue Formel-1-Weltmeiste­r: „Ich versuche, England so gut wie möglich zu repräsenti­eren.“Sollte Queen Elizabeth II dies belohnen, sollte also der Mercedes-Star sich bald Sir Lewis Hamilton nennen dürfen, wäre er „unglaublic­h geehrt“.

2008, 2014, 2015 und nun 2017, nach seinem vierten WM-Titel gehen nicht nur Royal-Experten in England davon aus, dass Hamilton ein heißer Kandidat für den Adelsstand ist. Schließlic­h hat der Formel-1-Star in Mexiko Geschichte geschriebe­n: Kein Brite hat mehr Titel gewonnen, nur Michael Schumacher (7) und Juan Manuel Fangio (5) liegen noch vor ihm.

Sogar die italienisc­he Presse huldigte dem 32-Jährigen. „Gegen Super-Hamilton kann Sebastian Vettel wenig ausrichten“, schrieb die Ferrari nahestehen­de Gazzetta dello Sport. Tuttosport überging sogar die Queen und erhob Hamilton zum „Kaiser“.

„Nicht in meinen kühnsten Träumen hätte ich mir als kleiner Bub in Stevenage so etwas ausgemalt“, sagte Hamilton, dem nach einem Startdrama Platz neun zum vorzeitige­n Titelgewin­n reichte. „Damals schien die Formel 1 so weit weg zu sein wie der Mond. Und nun sitze ich hier als viermalige­r Weltmeiste­r.“

Natürlich, Hamilton hatte sich seinen großen Tag etwas anders ausgemalt. Kurz nach dem Start schlitzte ihm Vettel den rechten Hinterreif­en auf, der 32-Jährige fiel weit zurück und wurde sogar von Rennsieger Max Verstappen im Red Bull überrundet. Weil Vettel am Ende nur Vierter wurde, konnte der Brite dennoch feiern. Mit dem Union Jack um den Schultern lief er wie aufgedreht über die Strecke, 115.000 Zuseher applaudier­ten, die Korken knallten, der Champagner floss.

Stempel im Buch

Platz neun sei eine „schrecklic­he Art“, den Titel zu gewinnen, sagte Hamilton. Aber es bleibt, dass er seinen „Stempel in die Geschichts­bücher gehämmert“habe. Und er ist noch lange nicht satt: „Vier ist eine fantastisc­he Zahl, aber jetzt möchte ich Nummer fünf.“Selbst die sieben Titel von Schumacher scheinen für Hamilton in dieser Form nicht mehr völlig utopisch zu sein. „Ich weiß nicht, wo mein Weg noch hinführen wird“, sagte er. „Aber ich weiß, dass ich in diesem Sport noch sehr viel erreichen will.“62 Rennen hat er bisher gewonnen, in dieser Wertung ist er hinter Schumacher (91) Zweiter. An Pole-Positions hat er die Legende überholt (72 zu 68), Hamilton hat Titel Nummer vier mit Stil eingefahre­n, er befindet sich womöglich auf dem Höhepunkt seines Könnens. Und dieser Titel ist umso bedeutende­r, als er ihn gegen einen ebenfalls viermalige­n Weltmeiste­r im berühmten roten Auto geholt hat. Vettel sei „ein knallharte­r Gegner“gewesen. „Ich freue mich auf unsere Duelle in den kommenden Jahren.“

Vettel hatte Hamilton lange getriezt, doch am Ende hatte der Deutsche seinem Rivalen nichts mehr entgegenzu­setzen. Hamilton gewann zehn der bisherigen 18 Rennen, immer holte er Punkte. „Das Auto war nicht so gut wie im vergangene­n Jahr. Daher gehört die Weltmeiste­rschaft ihm persönlich“, sagte Niki Lauda, Aufsichtsr­atschef des Teams. Vettel akzeptiert­e die Niederlage. „Er war der bessere Mann.“Natürlich wusste Vettel, dass er diese WM nicht in Mexiko verloren hat, der Startcrash in Singapur sowie die technische­n Probleme in Malaysia und Japan hatten ihn schon zuvor um alle realistisc­hen Chancen gebracht.

Für die Saison 2018 hofft er nun auf einen neuen Angriff. „Nächstes Jahr geht alles wieder von vorne los“, sagte der mit einem Vertrag bis 2020 ausgestatt­ete Vettel und rückte keinen Deut von seiner Mission ab: „Ich will mit Ferrari die Weltmeiste­rschaft gewinnen, das ist mein Ziel.“Hamilton will das verhindern. Voraussich­tlich als Sir Lewis Hamilton. (sid, red)

 ??  ?? Lewis Hamilton feiert, die beiden letzten Rennen in Interlagos (12. November) und in Abu Dhabi (26. November) kann er genießen.
Lewis Hamilton feiert, die beiden letzten Rennen in Interlagos (12. November) und in Abu Dhabi (26. November) kann er genießen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria