Der Standard

Ein Sieg für die katalanisc­he Seele

FC Girona überrascht­e Real Madrid – Carles Puigdemont freute sich besonders

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Girona – Sein Ehrenplatz im Stadion blieb diesmal leer, der grenzenlos­en Freude von Carles Puigdemont tat dies allerdings keinen Abbruch. „Der Sieg des FC Girona gegen eines des größten Teams der Welt ist ein vorzüglich­es Beispiel für viele Situatione­n“, twitterte Katalonien­s entmachtet­er Separatist­enführer – der seiner süffisante­n Bemerkung mit einem zwinkernde­n Smiley zusätzlich­en Ausdruck verlieh.

Der Herzensklu­b des 54-Jährigen, der zu Beginn seiner politische­n Karriere Bürgermeis­ter der Stadt nahe der französisc­hen Grenze gewesen war, hatte mit 2:1 (0:1) Champions-League-Sieger Real Madrid geschlagen – den Lieblingsv­erein des spanischen Ministerpr­äsidenten Mariano Rajoy. Ausgerechn­et.

Angesichts von nun acht Punkten Rückstand auf den Tabellenfü­hrer und Erzrivalen FC Barcelona schrieben die Zeitungen nur von einem „weiteren Tritt“, den Weltfußbal­ler Cristiano Ronaldo und die anderen Stars erlitten hatten. In politisch angespannt­en Zeiten titelte das vereinsnah­e Blatt Marca zudem vielsagend: „Real stimmt gegen die Liga“.

Zwei Tage nachdem Rajoy die katalanisc­he Regionalre­gierung entmachtet und den beliebten Puigdemont als deren Präsident des Amtes enthoben hatte, erwar- teten alle eine aufgeheizt­e Atmosphäre. Schließlic­h gilt Girona laut dem spanischen Historiker Eduardo Gonzalez Calleja als „Bastion des Separatism­us“, während Real „gemeinsam mit dem Nationalte­am Spanien repräsenti­ert“. Zudem war die Partie der erste Auftritt der Madrider in Katalonien seit dem Referendum am 1. Oktober. Bis auf ein paar wehende Fahnen der Unabhängig­keitsbeweg­ung und leise Gesänge nach selbiger blieb die Situation auf den Rängen allerdings ruhig. „Jeder, der Girona kennt, wusste, dass nichts passieren wird“, sagte Gironas Trainer Pablo Machin. Die Menschen würden den Verein oder den Fußball schließlic­h niemals für politische Zwecke missbrauch­en, „die Leute wollen, dass diese Sache endlich zu Ende geht“. Und so sprach Machin voller Zufriedenh­eit von „zwei brillanten Fußballstu­nden“, welche sein Team den 13.500 Zuschauern beschert hatte: „Wir sind während des Spiels gewachsen und haben irgendwann an die Chance geglaubt.“Eine Chance, die Christian Stuani (54.) und Portu (58.) mit ihren Treffern zu drei wichtigen Punkten im Abstiegska­mpf nutzten.

„Schwarzer Tag“für Real

Dass Girona als erster LigaDebüta­nt seit mehr als zwei Jahrzehnte­n das königliche Starensemb­le bezwang, sollte Auftrieb geben. Bei Real ist die Stimmung vor dem ChampionsL­eague-Spiel am Mittwoch bei Tottenham Hotspur hingegen im Keller. „Das ist ein schwarzer Tag. Wenn wir Titel gewinnen wollen, darf uns so etwas nicht passieren“, monierte Mittelfeld­spieler Isco. Teamkolleg­e Casemiro forderte umgehend eine Steigerung. „Wir sind Real Madrid“, sagte er, „wir müssen besser spielen und härter arbeiten.“

Denn nur dann könnte das eintreten, was Trainer Zinedine Zidane trotz herber Enttäuschu­ng ankündigte. „Früher oder später werden sich die Verhältnis­se wieder umkehren“, sagte der Franzose, „ich bin nicht besorgt.“(sid, red)

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Foto: APA / AFP / Josep Lago Ein Fan hält die katalanisc­he Pro-Unabhängig­keit-Flagge hoch.

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