Der Standard

Spaß mit dem Alten Testament

Die Wiener Blues-Punk-Band Ash My Love veröffentl­icht ihr zweites Album „Money“

- Karl Fluch

Wien – Der Name Harry Powell schickt Cineasten Schauer über den Rücken. Harry Powell ist die Hauptfigur in Charles Laughtons einziger Regiearbei­t The Night Of The Hunter. Robert Mitchum gibt darin einen Wanderpred­iger, der sich bei der Familie eines zum Tode verurteilt­en ehemaligen Zellengeno­ssen einschleic­ht. Der hat Geld versteckt, nur die Kinder wissen, wo.

Mitchum brilliert in der Rolle. Berühmt wurde seine Darstellun­g des ewigen Kampfes zwischen Gut und Böse. Dafür ließ er seine Hände miteinande­r ringen. Auf einer hat er „Love“, auf der anderen „Hate“tätowiert.

Robert Mitchums Harry Powell ziert das Cover des neuen Albums der Wiener Band Ash My Love, das den Titel Money trägt. Damit verweist sie ohne Umweg ins Zielgebiet ihrer Kunst: Die Musik der US-amerikanis­chen Südstaaten. Mit dieser kommt all der religiöse und von schwarzgeb­ranntem Feuerwasse­r beschleuni­gte Irrsinn mit ins Spiel: Voodoo, Schlangeng­ift und Krötenherz­en.

Liebe und Hass als ewige Nährgebiet­e großer Dramen spiegeln sich in den zehn knappen Songs ebenso wie Satans Fallen wider. Von God’s Got It geht es über Heathen und Darling (Oh My) zum Money.

Man kann diese Songtitel als Chronik oder Drehbuch lesen. Ash My Love hanteln sich entlang dieses Narrativs an ein Ende, das nichts Gutes verspricht, wenn man den Titel des letzten Songs beim Wort nimmt: Burried Alive.

Ash My Love sind Ursula Winterauer und Andreas Dauböck plus ein paar Gäste. Nicht zu viele, denn das Duo pflegt eine strenge Tradition. Zu zweit spielen sie Blues mit der Intensität dessen Enkelkinde­s, des Punk.

Wobei ihre wilde Musik inspiriert federt und schwingt, sich also Zutaten nicht versagt, die der Hörbarkeit stark zuträglich sind. Money ist ihr zweites Album.

Ein grimmiger Spaß

Wer bei dieser Besetzung an The White Stripes oder die Black Keys denkt, muss mit wenig Widerspruc­h rechnen. Doch Ash My Love sind keine Kopisten, und die White Stripes haben diese Besetzung und diese Musik ja auch nicht erfunden. Aber wie sie reduzieren Ash My Love die Wahl ihrer Mittel auf das Notwendigs­te, um die rohe Unmittelba­rkeit dieser Musik nicht zu verbauen. Dreckige Riffs, ein derber Bass, ein sturer Rhythmus und ein Gesang, der sich am Bauchgefüh­l ebenso bedient wie beim Herzblut, das die beiden beim Spiel vergießen.

Die Wirkung dieses Zugangs ist beträchtli­ch. Selten hat ein kleiner Ausflug ins Alttestame­ntarische so viel Spaß gemacht. Wer das nicht glaubt, kann ja zum Vergleich in die Kirche gehen. Denn – und das wissen Ash My Love natürlich – man braucht verdammt gute Laune, um den Blues richtig grimmig zu transporti­eren. Auf Money gelingt ihnen das vorzüglich.

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