Heimopfer: Behinderte fallen um ihre Ansprüche um
Seit bald acht Jahren werden Fälle von Missbrauch und Misshandlungen in staatlichen sowie kirchlichen Heimen aufgearbeitet. Der Kampf um Entschädigung ist für die Opfer ein harter. Fast unmöglich ist er für jene, die nicht für sich selbst sprechen können.
Innsbruck – Im Zuge der Aufarbeitung des Heimskandals werden laut Standard- Informationen Opfer mit Behinderung bis heute vergessen, selbst wenn ihre Fälle aktenkundig sind. Um wahrgenommen zu werden, müssten sie sich selbstständig bei Kommissionen melden, was den meisten nicht möglich ist. Die Volksanwaltschaft fordert, den Zugang zur Heimopferrente für Betroffene zu erleichtern. (red)
Innsbruck – Es ist ein Protokoll des Grauens. Gottfried D. wurde geschlagen, bis er eine blutende Wunde hatte. Gregor W. wurde mit einer Zwangsjacke fixiert und so mehrere Stunden auf den Balkon ausgesperrt. Engelbert R. wurde mit Teppichklopfer und Hosenträgern verprügelt sowie minutenlang mit eiskaltem Wasser abgeduscht. Wolfgang M. wurde gezwungen, sein eigenes Erbrochenes aufzuessen.
Was vor über 30 Jahren im Heim St. Josef der Barmherzigen Schwestern in Mils passiert ist, steht beispielhaft für die strukturelle Gewalt, die in Behinderteneinrichtungen an der Tagesordnung stand. Der Staat hatte die Betreuung kostenschonend an Orden ausgelagert, die die Aufgabe wiederum mit möglichst wenig Ressourcenaufwand übernahmen. Ein Geschäft für alle, auf der Strecke blieben die Kinder.
1980 brachte eine junge Pflegerin diese und weitere Missstände an die Öffentlichkeit. Mit dem Ergebnis, dass sie ihren Job verloren hat. Entschuldigt hat sich dafür bis heute niemand bei ihr. 2010, als der sogenannte Heimskandal losbrach, nahm die Staatsanwaltschaft auf Basis dieser Meldung Ermittlungen auf. Nicht gegen den Orden, sondern gegen eine damals junge Nonne – man individualisierte die Schuld. Die Übergriffe und Namen der Opfer sind seitdem protokolliert. Das Verfahren wurde jedoch wegen Verjährung eingestellt. Der Orden selbst vermied bis heute ein Schuldeingeständnis.
Nur ein Opfer entschädigt
Die Geschäftsführung des Heimes St. Josef lässt den Standard wissen, dass „die Opfer entsprechend entschädigt wurden“. Auf Nachfrage von welcher Kommission und wie viele Opfer bleibt man die Antwort mit dem Verweis, dass sich die Mutter Oberin derzeit auf Auslandsreise in Peru befände, schuldig. Nachforschungen bei den Kommissionen des Landes Tirol, der Diözese Innsbruck und der Klasnic-Kommission ergaben, dass genau ein Fall eines ehemaligen Bewohners aktenkundig ist.
Um eine Entschädigung zu erhalten, hätten sich die Betroffenen selbst an eine Opferschutzkom- mission wenden müssen. Doch die besagten Opfer sind behinderte Menschen. Die wenigsten können und konnten sich nicht selbstständig an eine Kommission wenden. Seitens des Vertretungsnetzwerkes der Sachwalter heißt es, man würde das gern für die Klienten tun, wenn man diese Informationen hätte. Doch der Datenschutz verhindert das.
Der Tiroler Historiker Horst Schreiber, der den Heimskandal als erster wissenschaftlich aufgearbeitet hat, sieht hier schwere Versäumnisse bei Orden und Staat: „Die strukturellen Täter, die dieses System verschuldet haben, wurden nie zur Verantwortung gezogen und verleugnen bis heute jede Schuld.“Eine Aufarbeitung, die sich mit dem Geschehen auseinandersetzt und daraus Maßnahmen ableitet, die zeitlich nach vorn wie auch hinten ausgerichtet sind, blieb aus.
Die Opfer sterben indes buchstäblich weg. Die Volksanwaltschaft, die seit der Einführung des Heimopferrentengesetzes (HOG) mit der Thematik betraut ist, versucht, behinderten Heimopfern den Zugang zur monatlichen Rente von 300 Euro zu erleichtern. Volksanwalt Günther Kräuter fordert eine Reform des HOG. So müssten Behinderte davon ausgenommen werden, erst mit Erreichen des gesetzlichen Pensionsalters anspruchsberechtigt zu sein. Denn viele werden aufgrund ihrer Erkrankung nicht so alt.
Seit dem Jahr 2012 hat die Volksanwaltschaft auch das Mandat, die Behinderten- und Altenheime Österreichs auf Missstände hin zu prüfen. Jahr für Jahr kommt es dabei zu gravierenden Beanstandungen, und sogar Schließungen von Einrichtungen wurden verfügt. Das, so Experten, lege den Verdacht nahe, dass die Systemfehler, die schon vor über 30 Jahren bestanden haben, auch heute noch existieren. Denn während die Hardware, die Heime, meist tadellos seien, setze man den Sparstift erneut bei der Software, also den Angestellten, an.
Nur kurz hatte seine Begeisterung für die Idee gehalten, den Terroristen von New York nach Guantánamo zu verlegen – da hatte Donald Trump schon einen neuen Einfall. „DIE TODESSTRAFE“muss es sein, die den Jihadisten treffen soll, wie der Präsident gleich doppelt twitterte, kurz nachdem er das US-Justizsystem zur „Lachnummer“erklärt hatte. Davor hatte er den Demokraten Chuck Schumer für jene Green-Card-Lotterie verantwortlich gemacht, für deren Abschaffung Schumer 2013 votiert hatte.
Gemeinsam haben die Aussagen eines: Sie geben wieder, was sich viele Amerikaner nach einem Anschlag wie jenem von Manhattan tatsächlich denken mögen. Und sie sind kontraproduktiv. Das gilt für die künftige Abwehr von Terrorakten, aber es gilt selbst für jene Ziele, die Trump vorgibt unmittelbar zu verfolgen. Schaltet sich ein Präsident in ein laufendes Verfahren ein, kann das als Vorverurteilung gelten und mildernd wirken. Das müsste Trump wissen, denn genau das ist vor wenigen Tagen im Fahnenfluchtprozess gegen Soldat Bowe Bergdahl bereits passiert.
Es ist nicht nur legitim, sondern angemessen, dass Politiker nach einem Anschlag überlegen, wie man weitere verhindert. Wem aber nur einfällt, politische Gegner für Tote verantwortlich zu machen und zum Täter „Hängt ihn höher!“zu rufen, der hat keine Lösung. Trump stellt sich in den Verdacht, eine Tragödie, die ernste Antworten erfordert, für seine Popularität zu missbrauchen – und zur Ablenkung.