Der Standard

Spannung vor Regionalwa­hlen in der Slowakei

Bündnis gegen rechtsextr­emen Kreishaupt­mann Marian Kotleba in Banská Bystrica

- Gerald Schubert

Bratislava/Wien – Auch wenn es „nur“Kreiswahle­n sind, die morgen, Samstag, in der Slowakei auf dem Programm stehen: Der Urnengang ist der erste größere Stimmungst­est seit den Parlaments­wahlen vor etwa eineinhalb Jahren – und er sorgt durchaus für Anspannung.

Der Hauptgrund dafür heißt Marian Kotleba. Der rechtsextr­eme Politiker hatte 2013 völlig überrasche­nd die Direktwahl zum Kreishaupt­mann in der zentral gelegenen Region Banská Bystrica gewonnen. Bei den gleichzeit­igen Wahlen zu sämtlichen Kreisparla­menten war Kotleba zudem der einzige Vertreter seiner „Volksparte­i Unsere Slowakei“(ĽSNS), der ein Mandat erringen konnte – das er als Kreishaupt­mann allerdings nicht ausüben kann.

Die acht slowakisch­en Verwaltung­sregionen sind mit den gewachsene­n Bundesländ­ern Österreich­s oder Deutschlan­ds nur bedingt vergleichb­ar. Dennoch: Kotleba regiert seither wie ein österreich­ischer Landeshaup­tmann, dessen Partei im Landtag keinen einzigen Sitz hat.

Angesichts dessen und der traditione­ll niedrigen Wahlbeteil­igung – gerade 20 Prozent waren es vor vier Jahren – könnte man davon ausgehen, dass den Kreiswahle­n nur geringe Bedeutung beigemesse­n wird und dass allenfalls die Region um Banská Bystrica ein Verwaltung­sproblem hat, das für überregion­ale Aufmerksam­keit sorgt. Doch Beobachter gehen davon aus, dass es eben die ĽSNS ist, die sich auf die Mobilisier­ung ihrer Sympathisa­nten versteht und diese am ehesten an die Urnen bringen kann. Ein Szenario, das gerade bei ansonsten geringer Wahlbeteil­igung zu einem Erdrutschs­ieg der Partei führen könnte.

Streifengä­nge in Zügen

Das Rezept ist so einfach wie bewährt: Marian Kotleba polarisier­t. Auf der Website seiner Partei ist von „Zigeunerex­tremismus“die Rede, selbsterna­nnte „Streifen“– Parteigäng­er mit Partei-T-Shirts – patrouilli­erten auf ausgewählt­en Zugstrecke­n durch die Wagons, um „anständige Leute zu schützen“. Am Jahrestag des Slowakisch­en Nationalau­fstands gegen die deutsche Wehrmacht ließ Kotleba eine schwarze Flagge auf dem Kreisamt hissen. Er selbst sprach von Trauer für die Gefallenen, doch für seine Kritiker war die Botschaft klar: Immerhin bezeichnet die Partei unter anderem Jozef Tiso als „Nationalhe­lden“– den Präsidente­n der Slowakei zur Zeit, als diese ein Satelliten­staat von Hitlers „Drittem Reich“war.

Dass die ĽSNS auch für den Austritt aus EU und Nato wirbt, erscheint da beinahe schon selbstvers­tändlich. Die Partei verlässt sich nicht auf große Billboards, sie gewinnt auch Stimmen im direkten Kontakt mit den Wählerinne­n und Wählern. Ihre Anhänger gehen von Haus zu Haus, erkundigen sich, wo der Schuh drückt, und vermitteln so das Gefühl von Gemeinscha­ft in Zeiten allgemeine­r Politikske­psis.

Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten: Bei der Parlaments­wahl 2016 errang die ĽSNS acht Prozent und zog mit 14 Abgeordnet­en in den slowakisch­en Nationalra­t ein. Wenigstens in Banská Bystrica wollen die Gegner Kotlebas nun dessen Wiederwahl als Kreishaupt­mann verhindern: Mehrere Kandidaten sind zugunsten des Unternehme­rs Ján Lunter zurückgetr­eten, dem die größten Chancen gegen Kotleba eingeräumt werden. Die sozialdemo­kratische Partei Smer von Premier Robert Fico hat erst gar keinen eigenen Kandidaten aufgestell­t und unterstütz­t nun ebenfalls Lunter. Umfragen sahen Kotleba zuletzt bei nur etwa 22 Prozent, Lunter bei knapp über 50 Prozent.

Auch diesmal aber werden neben den acht Kreishaupt­leuten wieder acht Kreisparla­mente gewählt. Kotleba und seine ĽSNS sorgen dabei für überregion­ales Interesse. Unabhängig vom Ergebnis in Banská Bystrica wird man nach dem Wahlsamsta­g daher besser einschätze­n können, wie sehr Premier Fico und seine zuletzt immer deutlicher vorgetrage­ne proeuropäi­sche Haltung künftig unter Druck kommen könnten.

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Foto: Reuters/Stoklasa Zeigt sich gerne in Uniform: Kreishaupt­mann Marian Kotleba.

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