Der Standard

KOPF DES TAGES

Spezialist für sehr schmutzige Scheidunge­n

- Manuel Escher

Er habe seinen Anruf schon erwartet, sagte Paul Bekaert der belgischen Presse in der vergangene­n Woche. Und tatsächlic­h: Kurz nachdem er sich von Barcelona nach Brüssel abgeseilt hatte, war der abgesetzte katalanisc­he Regierungs­chef Carles Puigdemont tatsächlic­h am Telefon. „Wahrschein­lich hat er mich wegen meiner Erfahrung kontaktier­t“, folgerte Bekaert später. Das ist tatsächlic­h nicht unwahrsche­inlich: Der 68-jährige Jurist, der sich selbst als „Laus in Spaniens Pelz“bezeichnet, hat schon die Auslieferu­ng mehrerer Menschen verhindert, denen Madrid gern den Prozess gemacht hätte.

Bekaert ist so etwas wie ein Spezialist für Separatist­en, seit er Ende der 1970er-Jahre für eine belgische Menschenre­chtsorgani­sation einer Anhörung der irisch-republikan­ischen Terrorgrup­pe IRA zur Lage in Nordirland beigewohnt hatte. Von dort hantelte er sich weiter. „Wenn Sie einmal in Nordirland waren, ist die logische Konsequenz, dass Sie sich auch mit dem Baskenland beschäftig­en“, sagt er selbst. Erste Separatism­us-Erfahrunge­n hatte Bekaert da freilich schon privat gesammelt: Der 1948 im flämischen Kortrijk nahe Frankreich Geborene erlebte als Student in Leuven die Auseinande­rsetzungen, die sich französisc­hsprachige Wallonen mit dem Flamen um Sprach- und Autonomier­echte lieferten. Damals wie heute plädierte Bekaert, dessen Sohn Simon Gemeindepo­litiker für die flämischen Sozialdemo­kraten ist und seinen Vater als „progressiv­en Linken“beschreibt, für Autonomie – nicht aber für die Abspaltung.

Immer wieder aber hatte es der Jurist seither mit Angeklagte­n zu tun, denen in ihrer Heimat Terroransc­hläge vorgeworfe­n werden. 2013 stoppte er die Auslieferu­ng der Baskin Natividad Jáuregui, der Spanien Terrorismu­s vorwirft, unter Berufung auf belgisches Recht, das Auslieferu­ngen bei politische­n Anklagen auch innerhalb der EU erschwert. Ähnlich hatte er schon 1993 die Auslieferu­ng zweier weiterer baskischer Eta-Mitglieder verhindert. Daneben zog er auch für Palästinen­ser, Kurden und Mitglieder der linken türkischen Extremiste­ngruppe DHKP-C vor Gericht.

Großbritan­nien, Spanien, Israel, die Türkei: Viel mehr als für die Ziele der Separatist­en interessie­rt sich Bekaert für die Methoden der Mächtigen und der Regierende­n. Spaniens Justiz wirft er vor, als verlängert­er Arm der Regierung zu agieren. Bei seiner Verteidigu­ng baskischer Separatist­en berief er sich gar auf Foltervorw­ürfe gegen Spaniens Polizei.

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Foto: Reuters Paul Bekaert, Anwalt von Katalonien­s Ex-Regierungs­chef Puigdemont.

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