Der Standard

Kein Sunshine Reggae

- Birgit Baumann

Rum, Drinks, karibische­s Flair mit Palmenstra­nd und Sonnensche­in – gemeinhin sind Assoziatio­nen mit Jamaika angenehm. In Deutschlan­d hingegen, bei den Sondierung­sgespräche­n, ist genau das Gegenteil der Fall. CDU, CSU, FDP und Grüne quälen sich so mühsam durch die Sondierung­en, dass man sich fragt: Wie, bitte, soll das jemals in ordentlich­en Koalitions­gesprächen, geschweige denn in einer Koalition enden?

Natürlich ist es nicht leicht. Es sitzen schließlic­h potenziell­e Partner an einem Tisch, die jahrzehnte­lang als erbitterte politische Gegner galten. Das gilt im Besonderen für die CSU und für die Grünen, man muss hier gar nicht die allerstrit­tigsten Themen Asyl und Klima bemühen. Auch in der Landwirtsc­haft und der Verkehrspo­litik sind die Differenze­n ziemlich groß.

Dennoch ist das Schauspiel, das die Jamaikaner abliefern, ein eher armseliges, und das sollte sich schleunigs­t ändern. Man will ja nicht übermütig werden, aber ein Hauch einer Vision über Jamaika wäre auch nicht schlecht. Einen Überbau, eine Idee, warum diese vier Parteien das Land gemeinsam weiterbrin­gen wollen, könnte man schon erwarten. Jamaika wäre ja eine Premiere.

Doch alles, was Schwarze, Grüne und die „gelben“Liberalen zustande bringen, ist die Vermittlun­g des Stoßseufze­rs: In Gottes Namen, dann sondieren wir halt, es bleibt uns ja nach dem Gang der SPD in die Opposition nichts anderes übrig. Aufbruchst­immung schaut anders aus.

Enthusiasm­us kann man nicht von oben einimpfen, aber es läge auch an Merkel. Sie lässt, wie so oft, die Dinge laufen. Es reicht aber nicht, manchmal wie Queen Mum auf dem Balkon der Parlamenta­rischen Gesellscha­ft zu erscheinen. Die Jamaikaner brauchen Führung, sie brauchen eine Chefin, die das Projekt zur wichtigen Angelegenh­eit macht. Da ist bei Merkel noch deutlich Luft nach oben.

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