Victim Blaming
Viele Menschen sind bereit, Verschwörungstheorien zu glauben. Nicht wenige davon in allerlei Internetforen, auch im Standard- Online-Forum. Das zeigt sich jetzt in Sachen Peter Pilz sehr deutlich.
Wir reden hier nicht von Aluhut-Trägern, sondern von intelligenten, aber verunsicherten Bürgern, die auf Pilz vertraut haben und sich die Affäre nicht erklären können: Da muss doch was dahinterstecken! Wieso kommen die Vorwürfe erst jetzt ans Licht? Wieso haben sich die betroffenen Frauen und die Zeugen nicht früher gemeldet?
Wer so fragt, bedenkt nicht die Psychodynamik hinter solchen Fällen. Die betroffenen Frauen sind zunächst wie gelähmt („Ich stand neben mir“, sagte die EVP-Mitarbeiterin, die angibt, Pilz habe sie in Alpbach aggressiv betatscht). Dann setzt eine Abwägung ein: Soll ich mir das antun? Die öffentliche Auseinandersetzung, die hämischen Kommentare, kostspielige Rechtsstreitigkeiten? Man hält also zunächst still. Dann bricht aber ein anderer Fall auf, es entsteht eine öffentliche Debatte, und manche finden jetzt den Mut, den Fall zu outen. Für „Alpbach“gibt es Zeugen, einer davon hat sich beim
Falter gemeldet, und auf dessen Anfrage sprach die Betroffene (immer noch anonym). Denn was hier oft abgeht, ist ein bekanntes Phänomen namens „victim blaming“(„das Opfer ist schuld“) – nur eben in der Version „das ist eine politische Verschwörung“.