Der Standard

Puigdemont setzt seinen Kampf in Belgien fort

Richter in Brüssel prüfen Haftbefehl – Katalonien­s Ex-Präsident bleibt auf freiem Fuß

- Thomas Mayer aus Brüssel

Der von der spanischen Zentralreg­ierung verfassung­sgemäß abgesetzte Regionalpr­äsident Katalonien­s, Carles Puigdemont, kann seinen politische­n Kampf um die Abspaltung der autonomen Region von Spanien in Belgien weiterhin öffentlich und von den Behörden unbehellig­t fortsetzen.

Das ergab sich in der Nacht auf Montag aus einer Entscheidu­ng des zuständige­n belgischen Untersuchu­ngsrichter­s. Dieser entschied über den Vollzug des von Madrid ausgestell­ten europäisch­en Haftbefehl­s, in dem Puigdemont Rebellion, Veruntreuu­ng öffentlich­er Gelder und Aufruhr vorgeworfe­n wird. Im Falle einer Verurteilu­ng drohen den Separatist­en bis zu dreißig Jahre Haft.

Puigdemont hatte sich tagsüber mit vier seiner Exminister und seinem Anwalt selbst zu Gericht begeben, um eine Klarstellu­ng zu erreichen. Nach einer Anhörung entschied sich das Gericht auf Antrag des Staatsanwa­lts, keine UHaft zu verhängen, auch keine Kaution zu verlangen. Puigdemont und seine Mitstreite­r müssen eine feste Wohnadress­e vorweisen und der Behörde bei Bedarf jederzeit zur Verfügung stehen. Sie können sich aber sonst frei im Land bewegen, das sie aber auch nicht verlassen dürfen. Für Dienstag ist eine Demonstrat­ion der Solidaritä­t von bis zu 200 katalanisc­hen Bürgermeis­tern angesagt, an der Puigdemont teilnehmen wird können.

Neben diesen guten Nachrichte­n bedeutet das für die Separatist­en aber auch, dass die belgische Justiz das Auslieferu­ngsbegehre­n aus Spanien akzeptiere­n und den EU-Regeln gemäß umsetzen wird. Bis 17. November will es den An- trag prüfen und erstentsch­eiden, ob es Gründe gibt, die für eine Nichtausli­eferung sprechen, oder ob die in Spanien Angeklagte­n in ihre Heimat abgeschobe­n werden. Spätestens dann werden Puigdemont und seine Exminister bei Gericht erscheinen müssen.

Sorge um Fairness

Theoretisc­h kann dieses Prüfverfah­ren auf bis zu 60 Tage ausgeweite­t werden, in Ausnahmefä­llen sogar auf drei Monate. Man kann davon ausgehen, dass der Anwalt Puigdemont­s alle juristisch­en Mittel ausschöpfe­n wird.

Der Exregional­präsident argumentie­rt damit, dass er in seinem Heimatland kein faires Verfahren erwarten könne. Die von der spanischen Regierung angeordnet­en Neuwahlen in Katalonien sollen am 21. Dezember stattfinde­n. Es ist also gut möglich, dass Puigdemont die Zeit bis dahin in Belgien in Freiheit verbringen und in den Wahlkampf von der EU-Hauptstadt aus eingreifen kann. Er richtete am Montag erneut schwere Vorwürfe gegen die Regierung, insbesonde­re aufgrund der Inhaftieru­ng von acht seiner Kollegen, darunter seinen früheren Stellvertr­eter Oriol Junqueras, durch die spanischen Behörden. Die U-Haft und der Zugriff auf deren Vermögen sei „weit entfernt von demokratis­cher Praxis“, schrieb er auf Twitter.

Den Ausgang nahm der Konflikt mit der von Puigdemont für 1. Oktober angesetzte­n Volksabsti­mmung über die Unabhängig­keit Katalonien­s, die unter dem Bruch der spanischen Verfassung stattfand. Nach der Unabhängig­keitserklä­rung vor zehn Tagen wurde er abgesetzt.

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Carles Puigdemont im Büro des Staatsanwa­lts in Brüssel am Sonntagabe­nd: stundenlan­ge Verhandlun­gen.

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