Der Standard

Demokraten zittern um Kraft ihrer „Resistance“

Umfragen sehen vor „kleinem“US-Wahltag engere Rennen als zunächst erwartet

- Manuel Escher

Washington/Wien – Wenn man es nüchtern betrachtet, geht es nicht um viel. Doch die wenigen Urnengänge, die heute, Dienstag, in den USA stattfinde­n, gelten sowohl bei den Demokraten als auch für viele Republikan­er als richtungsw­eisend. Für die Grand Old Party geht es darum, unter Präsident Trump skeptische Wähler zu überzeugen. Und für die Demokraten werden die Voten die Frage beantworte­n, ob das Feindbild im Weißen Haus allein reicht, um über die enge Anhängersc­haft hinaus die „Resistance“gegen Trump zu mobilisier­en.

Vor allem bei den Demokraten sind zuletzt die Zweifel gewachsen. Prominente­stes Beispiel ist Ralph Northam, der die Massen nur mäßig begeistern­de Kandidat für die Gouverneur­swahl in Virginia. Im Sommer war der Vizegouver­neur noch mehr als zehn Punkte vor seinem republikan­ischen Herausford­erer Ed Gillespie gelegen, der im Wahlkampf vom gemäßigten Konservati­ven zum Trump-

QAnhänger mutierte. Jüngste Umfragen sehen ein enges Rennen. Hillary Clinton hatte den einst solide republikan­ischen Staat 2016 noch 50 zu 44 Prozent gegen Donald Trump gewonnen. Schon ein knapper Sieg wäre eine schlechte Nachricht für die Demokraten.

Besser sieht es für die Partei bei der Gouverneur­swahl in New Jersey aus. Umfragen sehen ihren Kandidaten Phil Murphy, Ex-GoldmanSac­hs-Banker und früher Botschafte­r in Deutschlan­d, rund 20 Prozentpun­kte vor seiner republikan­ischen Konkurrent­in Kim Guadagno. Der bisherigen Vizegouver­neurin war es zu wenig gelungen, sich von ihrem bisherigen Chef Chris Christie zu distanzier­en. Er ist nach zwei Amtszeiten, zahleichen Skandalen und wegen seiner Unterstütz­ung für Donald Trump äußerst unbeliebt. Aber: Weil das Rennen entschiede­n scheint, könnten viele Demokraten-Anhänger zu Hause bleiben.

QNoch klarer ist die Sache bei den Bürgermeis­terwahlen in New York. Amtsinhabe­r Bill de Blasio wer-

Qden deutlich über 50 Prozent der Wählerstim­men zugesproch­en, seine schärfste Konkurrent­in, die Republikan­erin Nicole Malliotaki­s liegt bei rund 16 Prozent, der Rest geht laut Befragunge­n an vormals demokratis­che Kandidaten von Splitterpa­rteien. Freilich liegt die Latte für de Blasio hoch. Bei seinem ersten Antreten 2013 hatte er rund 73 Prozent erhalten.

Auf einen Triumph hoffen die Demokraten unterdesse­n an der Westküste der USA. Bei Nachwahlen in Washington könnten sie mit einem Sieg in einem Vorort Seattles die Mehrheit im Senat des Bundesstaa­tes erringen. Damit würden Demokraten in allen Westküsten­staaten Gouverneur­e und Parlaments­mehrheiten stellen. Was nach einer unbedeuten­den Statistik klingt, dem maß die New York Times jüngst höhere Bedeutung zu: Die Partei, so die Zeitung, könnte dann ihren Wunsch nach staatenübe­rgreifende­n, etwa umweltpoli­tischen, Initiative­n wahrmachen und so Maßnahmen der US-Regierung überregion­al außer Kraft setzen.

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