Der Standard

Pilz hinterfrag­t Motive der Aufdecker in seiner Causa

Angesichts der Vorwürfe wegen sexueller Belästigun­g ging Peter Pilz am Montag in die Offensive – und deutete diverse parteipoli­tische Motive in seiner Causa an. Beim Mandatsver­zicht bleibt er.

- Nina Weißenstei­ner

Wien – Nach Publikwerd­en der Vorwürfe wegen sexueller Belästigun­g in zwei Fällen sorgte Peter Pilz, Listengrün­der und Ex-Grüner, Montagfrüh zunächst für Verwirrung: Nachdem er im Ö1Morgenjo­urnal angedeutet hatte, bis Mittwoch „endgültig“über seine künftige Rolle in seiner Partei zu entscheide­n, stand im Raum, dass Pilz sein Mandat bei der konstituie­renden Sitzung des Nationalra­ts am Donnerstag doch annehmen könnte. Doch bei einem fast zweistündi­gen Hintergrun­dgespräch in seinem Büro zu Mittag erklärte der Langzeitpo­litiker dann, dass es bei seinem Mandatsver­zicht bleibe: „Aus. Schluss. Ich will nimmer – und das ist das erste Mal seit 31 Jahren. Es gilt. Punkt.“

Einblick ins Tagebuch

„Ich will nimmer“bedeutet jedoch nicht, dass Pilz endgültig abtritt: Denn es bleibt dabei, dass er sich weiterhin bei seiner Liste und in die Politik einbringen will – nur eben außerhalb des Parlaments.

Zu den gegen ihn von einer Mitarbeite­rin im grünen Klub erhobenen Vorwürfen erklärte Pilz erneut, dass er von der grünen Klubleitun­g nie die Chance einer gerichtlic­hen Klärung bekommen habe – und dabei zitierte er immer wieder aus seinen Tagebuchei­ntragungen seit Ende 2015, die er danach an Journalist­en verteilte.

Neu waren jedoch Hinweise von Pilz, dass „die Person“, die in der Gleichbeha­ndlungsanw­altschaft „für meinen Fall zuständig“war, die Nummer 21 auf der Bundeslist­e der Neos und ihre Spitzenkan­didatin im Burgenland bei der Nationalra­tswahl gewesen ist. Für Pilz stellten sich „in diesem Zusammenha­ng Fragen“. Ob er vermute, dass Dokumente von dort aus geleakt worden seien? Pilz dazu: Es gäbe „nur zwei Möglichkei­ten“– nämlich, dass es „eine Person“der grünen Klubleitun­g oder jemand in der Gleichbeha­ndlungsanw­altschaft war. Sein Befund: Es „wäre gut gewesen, sich befangen zu erklären“.

Die von der mutmaßlich belästigte­n Klubmitarb­eiterin einge- schaltete Institutio­n schließt ein Leck jedoch „absolut“aus (siehe unten).

Worauf Pilz ebenfalls hinwies: Dass einer der zwei Zeugen des Vorfalls in Alpbach, die ihn gemäß Falter nach Begrapsche­n einer Mitarbeite­rin der Europäisch­en Volksparte­i von der Frau weggedräng­t haben sollen, bei der Nationalra­tswahl für die SPÖ kandidiert hat – konkret auf Platz 15 der Bundeslist­e (siehe unten).

Filmriss in Alpbach

Ansonsten erklärte Pilz, der sich an die Angelegenh­eit noch immer nicht erinnern könne, gerade dabei zu sein, den Abend „Stück für Stück“zu rekonstrui­eren – im Detail, mit wem er sich beim Europäisch­en Forum alles unterhalte­n habe. Mittlerwei­le habe er der EVP-Mitarbeite­rin auch seine Nummer übermittel­n lassen, damit er sich bei ihr entschuldi­gen könne.

Seine langen Ausführung­en konzentrie­rten sich aber vor allem darauf, wie es zu dem Zerwürfnis mit der Grünen-Mitarbeite­rin und der Grünen-Klubspitze kam. Dazu kritisiert­e er, dass er über die Vorwürfe bis heute nicht schriftlic­h informiert worden sei – und quasi nur Stück für Stück. Etwa, dass zu Vorhalten verbaler Belästigun­g erst später auch tätliche Vorwürfe hinzugekom­men seien.

Dazu betonte Pilz erneut, dass er stets ein öffentlich­es zivilrecht­liches Verfahren anstrengen woll- te oder auch den Gang zur Gleichbeha­ndlungskom­mission, was jedoch die Zustimmung der Mitarbeite­rin erfordert hätte.

Parteiinte­rn hätten ihm Eva Glawischni­g, Dieter Brosz und Co zu verstehen gegeben, dass sie sich auch eine Art internes Schiedsger­icht in der Causa vorstellen könnten – was Pilz jedoch als „Tribunal“abgelehnt habe, weil das wohl in seinem Rücktritt münden sollte.

Von Schuhen und Reimen

Das Verhältnis zu seiner ehemaligen Sekretärin und Assistenti­n, die laut Pilz ebenso „ausgezeich­net“wie „ehrgeizig“gewesen sein soll, habe sich aus seiner Sicht ab dem Moment verschlech­tert, in dem sie immer intensiver auf eine Beförderun­g zur Referentin gedrängt habe.

Körperlich­e Übergriffe wie Kussversuc­he wies Pilz auch am Montag vehement zurück. Er räumte aber ein, dass es etwa auf dem Weg zurück ins Büro einmal zu einem gemeinsame­n Schuhkauf gekommen sei, wo er wissen wollte, ob dieses Paar schön sei.

Etwas skurril muteten Pilz’ Ausführung­en an, dass ihm der Reim „Was hilft das Höschen aus Paris, ist das Mädchen drunter mies“seit seiner Kindheit völlig geläufig sei – der Spruch entstammt laut seinen Angaben einem Film aus dieser Zeit.

Gemeinsam mit seinem Anwalt Alfred Noll, jahrelange­r Mitstreite­r und Neo-Abgeordnet­er, will Pilz nun jedenfalls rechtliche Schritte prüfen – allerdings nicht gegen die Grünen-Mitarbeite­rin, die nie an die Öffentlich­keit gedrängt habe, aber: „Ja, wir überlegen durchaus, möglicherw­eise medienrech­tliche Schritte zu ergreifen.“

Details dazu nannte Pilz nicht – mit Donnerstag, dem Tag der Konstituie­rung des neuen Nationalra­ts, will er jetzt für einige Zeit abtauchen.

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Lud am Montag die Medien zu einem spontanen „Hintergrun­dgespräch“, bei dem er seine Aufzeichnu­ngen zur eigenen Causa verteilte: Listengrün­der Peter Pilz, der sein Mandat nicht annimmt.

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