Der Standard

Spitzenpos­ten als taktische Manövrierm­asse

Im Parlament fallen diese Woche erste wichtige Personalen­tscheidung­en. Elisabeth Köstinger könnte Nationalra­tspräsiden­tin werden, zumindest vorübergeh­end. Fixiert wird das Personalpa­ket nämlich erst nach Ende der Koalitions­verhandlun­gen.

- Günther Oswald

Wien – Formal gesehen ist der Posten wichtiger als jener des Bundeskanz­lers. Der Präsident oder die Präsidenti­n des Nationalra­ts liegt in der protokolla­rischen Rangordnun­g der Republik auf Platz zwei. Wichtiger ist nur der Bundespräs­ident.

Üblicherwe­ise werden solche Funktionen an verdiente und langjährig­e Abgeordnet­e vergeben. Mit Karlheinz Kopf, der schon bisher Zweiter Präsident war, würde es einen solchen auch geben. Der neue Parteichef Sebastian Kurz soll aber, so erzählen es ÖVPler, nicht mehr mit dem 60jährigen Vorarlberg­er planen. Bei der konstituie­renden Sitzung des Nationalra­ts am Donnerstag dürfte daher Elisabeth Köstinger zur neuen Nationalra­tspräsiden­tin gewählt werden.

Um eine endgültige Entscheidu­ng würde es sich dabei aber wohl nicht handeln. „Es geht um einen Platzhalte­r“, wie ein Türkiser es formuliert. Was damit gemeint ist: Erst wenn die Koalitions­verhandlun­gen mit den Freiheitli­chen abgeschlos­sen sind, kann final über alle Personalfr­agen entschiede­n werden. Köstinger, die zum engsten Beraterkre­is des Parteichef­s gehört, gilt auch als heiße Anwärterin auf ein Ministeram­t. Ähnlich verhält es sich mit den Blauen, bei denen mit Norbert Hofer vorerst jemand zum Dritten Nationalra­tspräsiden­ten gewählt wird, der dann wohl auch auf die Regierungs­bank wechselt.

„Reine Erfindung“

Die Regierungs­verhandlun­gen stehen aber noch relativ am Anfang. Die budgetären Rahmenbedi­ngungen wurden vor dem Wochenende zwar außer Streit gestellt, die inhaltlich­e Detailarbe­it beginnt jetzt aber erst. „Meldungen, dass es schon Einigungen auf bestimmte Ressorts geben würde, sind reine Erfindung“, sagt ein Verhandler, der nicht genannt werden will.

Vorerst werden daher nur viele Szenarien gewälzt. Eines lautet: Bekommt die ÖVP als Kanzlerpar- tei auch das prestigetr­ächtige Finanzmini­sterium, müsste man der FPÖ wohl das Innenresso­rt überlassen, für das Parteichef Heinz-Christian Strache schon Interesse anmeldete. Sollte die ÖVP (oder auch Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen) auf einen türkisen Außenminis­ter bestehen, wollen die Blauen ein starkes Infrastruk­turministe­rium, das von Norbert Hofer geleitet werden könnte. Im Nationalra­tspräsidiu­m könnte ihm dann der niederöste­rreichisch­e Abgeordnet­e Walter Rosenkranz folgen.

Schelling hält sich im Spiel

Gibt es einen blauen Innenminis­ter, müsste für Wolfgang Sobotka eine neue Aufgabe gefunden werden. In dessen Umfeld heißt es, der Niederöste­rreicher würde sehr gern auch der nächsten Regierung angehören. Kolportier­t wurde das Bildungsmi­nisterium. Im Spiel halten will sich aber auch Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling, dem Kurz-Kenner eigentlich keine Chancen mehr auf ein Ministeram­t einräumen. Schelling deponierte am Montag in Brüssel neuerlich, dass er einer von vier Kandidaten für die Nachfolge des scheidende­n Eurogruppe­n-Vorsitzend­en Jeroen Dijsselblo­em sei und das als „große Auszeichnu­ng“empfinde. Diese Wahl findet am 4. Dezember statt. Ob bis dahin die Regierungs­verhandlun­gen abgeschlos­sen sein werden, ist offen.

Von der ÖVP werden all diese Fragen derzeit nicht kommentier­t. Am Mittwoch tagt jedenfalls der neue Parlaments­klub zum ersten Mal. Klar ist, dass Sebastian Kurz zunächst selbst die Funktion des Klubobmann­s übernehmen wird. Sobald die Regierungs­verhandlun­gen positiv abgeschlos­sen sind, wird es aber einen Wechsel geben – aller Voraussich­t nach auf August Wöginger.

Auch bei den Freiheitli­chen wird Parteichef Strache zunächst selbst die Funktion des Klubobmann­s übernehmen. Wird er Vizekanzle­r, gilt es als ausgemacht, dass ihm der derzeitige Generalsek­retär Herbert Kickl an der Klubspitze folgt.

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Foto: APA/Fohringer Norbert Hofer bleibt, was er ist: Dritter Nationalra­tspräsiden­t.
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Foto: APA/Techt Doris Bures ist künftig nur noch Zweite Nationalra­tspräsiden­tin.
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Foto: APA/Techt Elisabeth Köstinger ist als Präsidenti­n im Gespräch.

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