Saudischer Kronprinz schickt Ölpreise nach Norden
Die Nordseesorte Brent, Preisführer in Europa, ist mit 62,90 Dollar je Fass so teuer wie seit Juli 2015 nicht mehr. Daran dürfte sich wegen Spannungen im nahen Osten so rasch auch nichts ändern. Mittelfristig könnte aber die US-Schieferölproduktion wieder
Wien/Riad/Washington – Die Zeit vergleichsweise billigen Rohöls scheint vorbei – zumindest vorerst. Ende Oktober, rund um Österreichs Nationalfeiertag, hat die Nordseesorte Brent das Preisband von 44 bis 59 Dollar je Fass (159 Liter), das eineinhalb Jahre lang hielt, nach oben durchstoßen. Am Montag hielt der Preisauftrieb an.
Marktkenner führen die jüngste Verteuerung, die sich in leicht abgeschwächter Form auch bei USLeichtöl (WTI) jenseits des Atlan- tiks zeigt, nicht allein auf die beginnende Heizsaison und die traditionell steigende Nachfrage im Schlussquartal des Jahres zurück. Zumindest mitbeeinflusst dürfte den jüngsten Preisanstieg, der die Sorte Brent auf 62,90 Dollar und damit auf den höchsten Stand seit Juli 2015 gehievt hat, auch die saudische Innenpolitik haben.
„Fundamentaldaten werden derzeit von Nachrichten rund um Saudi-Arabien in den Schatten gestellt“, schreibt Barbara Lambrecht von der Commerzbank in einer Marktanalyse. Die Märkte seien gut mit Öl versorgt. Und das, obwohl die Organisation erdölexportierender Länder (Opec) gemeinsam mit Russland und anderen seit rund einem Dreivierteljahr etwa 1,8 Millionen Fass am Tag zurückhalten und die Rohölbestände in den USA zuletzt rückläufig waren. Derzeit aber würden politische Nachrichten alles andere schlagen.
Am Wochenende sind in SaudiArabien zahlreiche Minister und Prinzen der Königsfamilie auf Geheiß des erst 31-jährigen Kronprinzen Mohammed bin Salman verhaftet worden. Hintergrund sind Korruptionsvorwürfe und die Gründung einer Antikorruptionsbehörde. Diese wird von bin Salman höchstpersönlich geleitet.
Zudem wurde bekannt, dass nahe der saudischen Hauptstadt Riad eine Rakete aus dem Jemen abgefangen wurde. Außerdem hat der von Saudi-Arabien unterstützte Ministerpräsident des Libanon, Saad Hariri, nach nicht einmal einem Jahr im Amt überraschend seinen Rücktritt erklärt – alles Puzzlesteine, die Zweifel an der Stabilität des mit dem Iran um die Führungsrolle im Nahen Osten ringenden zweitgrößten Ölexportlandes der Welt zweifeln lassen. Und Zeiten der Unsicherheit sind auf den Ölmärkten meist gleichzusetzen mit steigenden Preisen.
Die Analysten der Commerzbank gehen davon aus, dass das attraktive Preisniveau Ölschieferunternehmen in den USA eher früher als später motivieren wird, die aus Kostengründen da und dort unterbrochene Ölförderung wieder aufzunehmen.
Das derzeitige Preisniveau dürfte aber einige Zeit bestimmend bleiben, ein Preisrutsch danach sei wahrscheinlich.