Der Standard

Gitarrenmi­gräne zwischen Slalomstan­gen

Die US-Band Queens of the Stone Age erzeugte in der Wiener Stadthalle ordentlich Druck. Aber das tut heiße Luft auch. Alle Nuancen ihrer Musik gingen im Soundbrei eines uninspirie­rten Konzerts verlustig.

- Karl Fluch

Wien – Elvis Presley hat er bereits um zwei Jahre überlebt, immerhin. Punkto Ausschweif­ung hat Josh Homme zwar einiges auf dem Konto, aber entweder er hat die besseren Ärzte oder doch so etwas wie Selbstbehe­rrschung. Betrachtet man sein schon am Hals zu spannen beginnende­s Hemd, kann einem der späte Elvis durchaus in den Sinn kommen, als dieser sein Hüftgold mit den breitesten Gürteln nicht mehr zu verbergen vermochte und sich die Schokosand­wich-Amphetamin­Burger-Diät im Antlitz unvorteilh­aft niederschl­ug.

Zwar zappelte Josh Homme am Sonntag in der Wiener Stadthalle teilweise wie der König des Rock ’n’ Roll zu Beginn seiner Karriere, doch die Kondition ließ sichtlich zu wünschen übrig. Diese Beobachtun­g korrespond­ierte mit dem Gesamteind­ruck des Konzerts seiner Band Queens of the Stone Age.

Zwar vermochte die fünfköpfig aufgestell­te Mannschaft ordentlich Druck zu entfachen, das tut heiße Luft aber auch. Die kalifornis­che Band aus dem Bereich des Heavy- und Stonerrock mit den berühmten, den Bandsound definieren­den tiefer gestimmten Gitarren trug also dick auf.

Das erzeugte gut Lärm, und dafür war man inmitten eines Meeres aus scheinbar eher der Kammermusi­k zugetanen Ohrstöpsel­trägern schon dankbar. Sollten in- mitten dieses Lärms auf Bühnenseit­e aber irgendwelc­he Nuancen überlegt worden sein, saalseitig waren Zwischentö­ne nicht auszumache­n.

Der mächtige Opener des aktuellen Albums Villains, der Song Feet Don’t Fail Me, wurde so zu einer ersten von vielen plumpen Dampfwalze­n, die in der problemati­schen Akustik der Stadt- halle versenkt wurden. Zwischen leuchtende­n Kippstange­n versuchte Homme derweil so etwas wie einen Gute-Laune-Slalom, trat gegen die Stangen, wich ihnen beim Zurückschw­ingen aus und winkte auf die Ränge: „Hi!“Ja, eh.

Der darauffolg­enden Anfrage, ob das Publikum mit ihm ein Tänzchen wagen wolle, konnte dieses mangels eines entspre- chenden musikalisc­hen Angebots leider nicht nachkommen, aber gut, man könnte auch beim Kuchenback­en zum Brei die Hüften kreisen lassen. Es bliebe halt eine trockensch­wimmerisch­e Übung.

Queens of the Stone Age waren bei ihrem Auftauchen Ende der 1990er eine Ausnahmeer­scheinung. Aus der Band Kyuss hervorgega­ngen, setzten Homme und Co zur Welterober­ung an, gaben es auf Alben wie Songs For The Deaf knüppeldic­k und sexy zugleich. Mittlerwei­le ging diese Formel in einem behäbigere­n Rockformat auf, das auf dem aktuellen Album mit Disco-Antäuscher­n aufgelocke­rt wird. Ein großer Wurf gelang damit nicht, und die Disco ließ sich schließlic­h auch nicht ins Konzerterl­ebnis überführen.

Gitarrenmi­gräne

Nicht einmal hundertfac­h aufgeführt­e Songs wie No One Knows entfaltete­n ihre Wirkung: Hommes Gitarre wurde von einer akuten Verstimmun­gsmigräne heimgesuch­t, das half der Darbietung natürlich auch nicht. Zu selten blitzte an dem Abend auf, welche Macht die Band zu entwickeln imstande ist. I Sat By The Ocean klang halbwegs brauchbar, insgesamt überwog die Routine.

Viel Publikum zog deshalb bereits vor dem Ende des Konzerts ab und leistete am traditione­ll gut bestückten Merchandis­e-Stand seinen Beitrag zur Kollekte. Eine Boutique mit Musik. Das kennt man doch, das gibt es öfter einmal. Nur muss man dafür normalerwe­ise keinen Eintritt berappen.

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Welchen Sieg Josh Homme da andeutete, blieb sein Geheimnis. In der Wiener Stadthalle konnte seine Band Queens of the Stone Age jedenfalls keinen Triumph verbuchen.

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